EU-Geld: Orbán könnte siegen

Es dürfte mittlerweile das meistgehörte Wort aus dem Mund von Viktor Orbán sein, wenn es um Europa geht: "Nem." Nein zu einer globalen Mindeststeuer für Unternehmen. Nein zu weitreichenden Sanktionen gegen Russland. Nein zum milliardenschweren Hilfskreditpaket für die Ukraine.
Orbans Veto-Politik nimmt zu
Die Veto-Politik des ungarischen Regierungschefs nimmt zu - und der Widerstand in Brüssel offenbar ab. Budapest könnte schon bald die blockierten 5,8 Milliarden Euro aus dem Corona-Wiederaufbaufonds erhalten. Und auch vom Vorhaben, 7,5 Milliarden Euro an Fördermitteln zu streichen, scheint die EU-Kommission abzurücken und verweist auf 17 Reformen, auf die sich die beiden Seiten für einen besseren Kampf gegen die systemische Korruption geeinigt hatten.
Dauersünder
Seit Jahren beklagen Beobachter den Missbrauch von Geldern in dem osteuropäischen Land, den Abbau der Medienfreiheit und massive Verstöße gegen Prinzipien des Rechtsstaats. Deshalb hatte die Kommission bereits im April den Rechtsstaatsmechanismus gegen den Dauersünder ausgelöst.
17 Maßnahmen
Die 17 Maßnahmen umfassen etwa die Einrichtung einer unabhängigen Aufsichtsbehörde, die Korruptionsfälle untersuchen soll, oder die Pflicht, dass sich bei öffentlichen Ausschreibungen mehr als ein Anbieter bewirbt. Spätestens bis Mitte nächster Woche will die Kommission ihre Einschätzung abgeben, ob die Versprechen, im EU-Jargon "Meilensteine" genannt, umgesetzt sind.
Reichen die Mittel aus?
Während man in der zuständigen Arbeitsgruppe die deutlichen Fortschritte lobt, herrscht im Europaparlament jetzt schon Ärger - und zwar fraktionsübergreifend. Für zahlreiche Abgeordnete reichen die eingeleiteten Schritte keineswegs aus. Mehr noch: Sie sehen nur drei der Maßnahmen als erfüllt an, wie der Grünen-Parlamentarier Daniel Freund kritisierte.
"Unscharfe" Lösung zu erwarten
Die Entscheidung liegt bei der Kommission und den Mitgliedstaaten. Tatsächlich rechnen Brüsseler Beamte mit einer "unscharfen" Lösung, wie es ein EU-Diplomat nannte. So wird befürchtet, dass die Behörde die schlussendliche Bewertung dem Rat, also dem Gremium der Mitgliedstaaten, überlassen und damit "den Schwarzen Peter" den übrigen 26 Regierungen zuschieben wird.
Der Druck wächst
Angesichts der vielen Krisen wächst der Druck innerhalb der Gemeinschaft, bei wichtigen Angelegenheiten voranzukommen. Nur ist man zur Umsetzung auf die Stimme aus Budapest angewiesen. Der FDP-Europaabgeordnete Moritz Körner will das Argument nicht gelten lassen. "Wenn man das immer so weitertreibt, ist die EU komplett erpressbar."