„Es wird keine Alleingänge geben“

Der Bundesverteidigungsminister eröffnet die Siko in München: Im AZ-Interview spricht Guttenberg über den Einsatz in Afghanistan und seine Erwartungen an die Konferenz
AZ: Herr Guttenberg, auf der letzten Sicherheitskonferenz startete sozusagen Ihre Ministerkarriere. Während der Veranstaltung trat Michael Glos zurück. Jetzt sind Sie Verteidigungsminister. Mit welchen Gefühlen reisen Sie an?
KARL-THEODOR ZU GUTTENBERG: Wenn ich auf die letzten spannenden Monate zurückblicke, kann ich manchmal kaum glauben, dass die letzte Sicherheitskonferenz erst ein Jahr zurück liegt.
Es sind eine ganze Reihe Chefs deutscher Konzerne wie Linde oder Münchner Rück vertreten. Wird die Sicherheitskonferenz zur Wirtschaftskonferenz?
Wirtschaftliche Interessen und Sicherheitsinteressen sind engstens miteinander verbunden. Diese Erkenntnis setzt sich offensichtlich mehr und mehr durch.
Beim Weltwirtschaftsgipfel in Davos haben Sie für Aufregung gesorgt, weil Sie als Verteidigungsminister ein Frühstück für Top-Manager gegeben haben. Hängen Sie Ihrem alten Amt noch nach?
Ich hatte mit den Wirtschaftsvertretern ein gutes Gespräch über viele Fragen, die auch die Sicherheitspolitik betreffen. Weshalb es deswegen Aufregung geben sollte, kann ich nicht nachvollziehen.
Deutschland fühlt sich zunehmend im Krieg in Afghanistan. Welche Impulse für einen Abzugsplan erwarten Sie sich von München?
München ist immer eine gute Gelegenheit, um sich über aktuelle Themen auszutauschen. Afghanistan steht da ganz oben auf der Agenda. Die Londoner Konferenz bietet eine gute Grundlage. Impulse für eine verantwortungsvolle Abzugsperspektive haben wir bereits selbst gegeben.
Wie kommen wir da überhaupt raus?
Wenn die Menschen in Afghanistan selbst für ihre Sicherheit sorgen können, ist unsere Aufgabe erledigt. Wir haben mit unserem neuen Konzept die Zahl der Ausbilder signifikant erhöht. Ich denke, dass dieser neue Ansatz, der zivile Maßnahmen und Schutz statt militärische Offensive in den Vordergrund stellt, Früchte tragen wird.
Obama will bereits 2011 die Truppen wieder reduzieren, wann zieht Deutschland nach?
Es wird keine Alleingänge geben. Wir sind gemeinsam reingegangen und werden auch gemeinsam wieder rausgehen. Gleichzeitig haben wir uns ein Datum für den Beginn des Übergabeprozesses gesetzt.
Wie hat sich die sicherheitspolitische Rolle Deutschlands entwickelt? Sind wir wichtiger geworden, oder entscheiden die USA in Afghanistan alles alleine?
Die Erwartungen an Deutschland sind seit der Wiedervereinigung fraglos gestiegen. Dem tragen wir durch unser Engagement auch in Afghanistan Rechnung. Wir sind Partner der USA, so wie sie unser Partner sind. Das zeigt sich ganz praktisch zum Beispiel daran, dass die 5000 amerikanischen Soldaten, die jetzt zusätzlich im Norden eingesetzt werden, deutschem Kommando unterstehen.
„Keine Ausflüchte mehr“ ist das Konferenzmotto. Welche konkreten Schritte erwarten Sie?
Klarheit und Wahrheit in der Analyse, kluge Ideen und pragmatische Vorschläge.
Was, wenn Iran an seinem Atom-Programm festhält? Wenn der Friedensprozess im Nahen Osten nicht vorankommt, die Truppenverstärkung in Afghanistan nichts bringt: Ist Obama dann gescheitert?
Wir haben realistische Chancen, all diese Probleme noch positiv zu lösen. Daran müssen wir arbeiten statt uns bereits ständig über mögliche Misserfolge den Kopf zu zerbrechen beziehungsweise diese herbeizureden.
Der „Elefant im Zimmer“ ist China – erstmals ist die neue Supermacht in München mit dem Außenminister vertreten. Welche Töne muss man anschlagen – in Bezug auf Menschenrechte?
Menschenrechte sind immer ein zentrales Thema deutscher Außen- und Sicherheitspolitik. München bildet da keine Ausnahme. Allerdings macht auch da der Ton die Musik.
Auch Außenminister Guido Westerwelle kommt zur Sicherheitkonferenz. Von Anfang an kämpfen um das schärfere Profil in der Außen- und Sicherheitspolitik: Wer von Ihnen wird in München die Nase vorne haben?
Wenn Sie uns schon mit Rennpferden vergleichen: Der Außenminister und ich ziehen denselben Wagen. Da bleibt kein Platz für Eitelkeiten.
Interview:
Angela Böhm, Matthias Maus