„Es gibt keinen Blankoscheck“
MUENCHEN - Der Spitzenkandidat der bayerischen FDP will die Liberalen nach 14 Jahren außer- parlamentarischer Opposition wieder in den Landtag führen. Im AZ-Interview äußert er sich über mögliche Verhandlungen mit der CSU, das Recycling alter Kohl-Slogans und Guido Westerwelles allzu frühes Triumphgeheul
AZ: Herr Zeil, Sie plakatieren überall: „Gelb ist der deutlichste Kontrast zu Schwarz." Gleichzeitig werfen Sie sich der CSU an die Brust. Wie passt das zusammen?
MARTIN ZEIL: Die FDP macht keine Koalitionsaussage. Wir sagen nur, dass wir uns selbstverständlich keinem Gesprächsangebot der CSU verweigern würden. Wir geben den Schwarzen aber keinen Blankoscheck, werfen uns Beckstein nicht an den Hals.
Es gibt für eine Landtags-FDP nur zwei Optionen: Schwarz-Gelb und Opposition?
Sie brauchen sich nur die Programme anzuschauen: Mit der SPD werden wir nie eine Nettoentlastung hinbekommen. Mit den Grünen werden wir uns in der Energiefrage nie einig sein. Und die Freien Wähler betrachte ich als folkloristisch-schrille Erscheinung. Mit der CSU wären wir verhandlungsbereit. Wenn das scheitern sollte, gehen wir in die Opposition.
"Ich denke nicht in Feindkategorien - das überlasse ich anderen"
Man hat das Gefühl, Sie fahren gegenüber der CSU derzeit eine Strategie der feindseligen Annäherung...
Ich denke nicht in Feindkategorien, diesen Stil überlasse ich anderen. Mit geht es um Wettbewerb. Annäherung ist auch falsch – wir gehen eigenständig in die Wahl, machen den Bürgern unser Angebot.
Haben Sie nach 14 Jahren außerparlamentarischer Opposition in Bayern überhaupt kompetentes Personal für die Regierungsbeteiligung?
Es war noch nie das Problem der FDP, ministrables Personal aufzubieten. Wir werden eine Fraktion mit vielen Fachleuten haben, und im Bundestag haben wir eine qualifizierte bayerische Landesgruppe. Für uns gilt aber: Erst müssen wir in den Landtag zurückkehren. Und dann sehen, ob uns überhaupt jemand zu Gesprächen einlädt.
Bisher war die FDP nur eine Eintagsfliege im Maximilianeum. Schon nach einer Wahlperiode hat ihr der Wähler 1994 die rote Karte gezeigt.
Unsere Aufgabe wird es sein, in den nächsten fünf Jahren unser Profil so auszubauen, dass das nicht wieder passiert. Dafür bin ich angetreten.
"Ab 48 Prozent minus X wird es für uns spannend"
Haben Sie sich schon mal ausgerechnet, auf wie viel Prozent die CSU kommen darf, damit sie mitregieren können?
Ehrlich gesagt: nicht so genau. Aber man kann davon ausgehen, dass es ab etwa 48 Prozent minus X spannend wird.
Jetzt kramen Sie Kohls alten Slogan von 1982 wieder raus: „Leistung muss sich wieder lohnen." Nicht sehr originell.
Ganz egal, ob das früher mal ein anderer verwendet hat: Wir spüren im Wahlkampf, dass es genau das ist, was den Leuten in der Mitte der Gesellschaft sauer aufstößt. Dass sie immer weniger von dem haben, was sie erarbeiten. Das betrifft die Krankenschwester genauso wie den Bauleiter.
"Die Leute glauben der CSU nichts mehr"
Die CSU setzt im Endspurt auf einen Frontalangriff gegen die FDP, will gezielt Ihre ureigene Klientel ansprechen…
Wir fürchten uns überhaupt nicht davor. Das Interessante ist doch, dass sich die CSU fürchtet. Die Leute glauben der CSU nichts mehr.
Ihr großer Vorsitzender Westerwelle jubelt schon: „Ich bin gerne unter Siegern." Ist ein solches Triumphgeheul zwei Wochen vor der Wahl nicht viel zu früh?
Ich bin da sehr zurückhaltend. Wir haben die Wahl noch nicht gewonnen. Wir haben einen guten Lauf, die Stimmung ist positiv. Aber der Ball muss erst noch ins Tor.
Interview: Angela Böhm, Markus Jox