Erster Sieg für die GroKo-Gegner in der SPD

Die SPD ist gespalten in der Frage einer neuen großen Koalition. Das verdeutlicht nach den Sondierungen mit der Union ein erster Stimmungstest in Sachsen-Anhalt.
dpa |
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"Die SPD Sachsen-Anhalt spricht sich, insbesondere unter Berücksichtigung der ersten Ergebnisse der Sondierungen mit CDU und CSU, gegen eine erneute große Koalition aus", heißt es in dem entsprechenden Papier.
Guido Kirchner/dpa "Die SPD Sachsen-Anhalt spricht sich, insbesondere unter Berücksichtigung der ersten Ergebnisse der Sondierungen mit CDU und CSU, gegen eine erneute große Koalition aus", heißt es in dem entsprechenden Papier.

Wernigerode - Bei der ersten Abstimmung an der SPD-Basis über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union haben die Gegner gesiegt. Mit einer Stimme Mehrheit stimmten die Delegierten eines Landesparteitags in Sachsen-Anhalt für einen Antrag der Jusos.

"Die SPD Sachsen-Anhalt spricht sich, insbesondere unter Berücksichtigung der ersten Ergebnisse der Sondierungen mit CDU und CSU, gegen eine erneute große Koalition aus", heißt es in dem in Wernigerode beschlossenen Papier. Zur Begründung wird angeführt, dass verlässliches Regieren mit der Union aktuell nicht möglich sei.

Die SPD lässt am 21. Januar erstmals nach Sondierungsgesprächen einen Bundesparteitag über die Aufnahme förmlicher Koalitionsverhandlungen entscheiden. Sachsen-Anhalt schickt 7 der 600 Delegierten. Sie müssen sich an das Votum des Parteitags nicht zwingend halten. Falls der Parteitag mit Ja den Weg für Verhandlungen frei macht, stimmen am Ende die Mitglieder in ihrer Gesamtheit über den dann auszuhandelnden Koalitionsvertrag ab.

Gabriel: "Ein Misstrauen gegenüber der eigenen Basis"

Vor der Entscheidung der Delegierten in Sachsen-Anhalt hatte Außenminister Sigmar Gabriel eindringlich für eine große Koalition geworben. Gleichzeitig kritisierte er das Entscheidungsverfahren der SPD mit einem zwischengeschalteten Parteitag. Die Entscheidung müsse den SPD-Mitgliedern überlassen bleiben, sagte der frühere Parteichef. Das Verfahren sei nicht nur ein Misstrauensbeweis gegenüber dem Parteivorstand. "Das ist auch ein Misstrauen gegenüber der eigenen Basis", sagte Gabriel. "Wenn wir die Basis immer hochhalten, dann muss ich sie auch entscheiden lassen."

Der nordrhein-westfälische SPD-Landeschef Michael Groschek wies Gabriels Kritik zurück. "Das war ein Bundesparteitagsbeschluss", sagte er. "Für Nordrhein-Westfalen gilt das Prinzip: Basis statt basta." Groscheks Landesverband - der größte der SPD - hatte das Parteitagsvotum initiiert.

Hessen-SPD sieht erheblichen Nachbesserungsbedarf

Das Sondierungspapier bezeichnete Gabriel als ein "sehr gutes Ergebnis". Er betonte aber auch, dass in Koalitionsverhandlungen noch mehr herausgeholt werden müsse. Eine Menge Dinge in dem Sondierungspapier seien klug, es fehlten aber auch Dinge. So begrüßte Gabriel zwar die Rückkehr zur gleichteiligen Finanzierung der Krankenversicherung durch Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Er vermisse aber die Stärkung der Rechte gesetzlich Versicherter. Gabriel zeigte sich optimistisch, dass der Bundesparteitag in einer Woche für Koalitionsverhandlungen stimmt. "Da habe ich jetzt keinen Zweifel."

Juso-Bundeschef Kevin Kühnert - ein entschiedener Gegner einer großen Koalition - forderte, die Partei müsse ehrlich bewerten, was in den Sondierungen erreicht worden sei und was nicht. Bei der Entscheidung müsse man auch die Erfahrungen der bisherigen Zusammenarbeit mit der Union berücksichtigen, sagte er in Wernigerode. Kühnert nannte das Rückkehrrecht aus Teilzeit in Vollzeit, das bereits im letzten Koalitionsvertrag stand, aber nicht umgesetzt wurde. "Das sind keine Verhandlungserfolge, sondern Altschulden der Union gegenüber der SPD."

Die Hessen-SPD sieht noch erheblichen Nachbesserungsbedarf an der Sondierungsvereinbarung. Der Landesparteirat beauftragte am Samstag, den Landesvorstand bis Mitte kommender Woche darzustellen, in welchen Fragen nachgearbeitet werden soll.

Die Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge skeptisch, ob es SPD-Chef Martin Schulz gelingt, die Parteibasis zu überzeugen. 45 Prozent der Befragten beantworteten eine entsprechende Frage in einer Erhebung des Instituts Civey für die Funke-Mediengruppe mit "eher nein" oder "nein, auf keinen Fall". Rund 38 Prozent äußerten sich gegenteilig.

Eine Mehrheit der Bundesbürger glaubt einer Umfrage zufolge nicht daran, dass SPD-Chef Martin Schulz seine Parteibasis vom Eintritt in eine neue große Koalition überzeugen kann. 45 Prozent der Befragten beantworteten eine entsprechende Frage in einer Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Funke-Mediengruppe (Sonntag) mit «eher nein» oder «nein, auf keinen Fall». Rund 38 Prozent zeigten sich gegenteiliger Meinung und antworteten mit «eher ja» oder «ja, auf jeden Fall». 17 Prozent waren unentschieden. Auch unter den SPD-Anhängern herrscht Skepsis: 40 Prozent dieser Befragten glauben nicht, dass Schulz die SPD-Basis von einer erneuten Koalition aus CDU, CSU und SPD überzeugen kann.
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