Kommentar

Erdogan gewinnt Stichwahl in der Türkei: Bittere Erkenntnis

Recep Tayyip Erdogan gewinnt die Stichwahl in der Türkei – auch mit den Stimmen von Türken, die in Deutschland leben. Das ist bitter, findet die AZ-Redakteurin.
Natalie Kettinger
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Erdogan-Fans in München.
Erdogan-Fans in München. © Felix Hörhager / dpa

Nein, es haben nicht zwei Drittel der Türken in Deutschland für Recep Tayyip Erdogan gestimmt – auch wenn das nun wieder vielerorts behauptet wird. Zwar holte der Autokrat von Ankara hierzulande 67,36 Prozent, was nach offiziellen Angaben exakt 473.297 Stimmen entspricht.

In der Bundesrepublik leben laut Statistischem Bundesamt jedoch rund 2,8 Millionen Menschen mit türkischem Migrationshintergrund, von denen etwa 1,5 Millionen wahlberechtigt waren. Von zwei Dritteln kann also keine Rede sein. Denn tatsächlich haben weniger als ein Drittel der Stimmberechtigten ihr Kreuz bei Erdogan gemacht – und nur etwa ein Sechstel der Menschen mit türkischer Familiengeschichte.

"Absage an Demokratie": Cem Özdemir über Erdogan-Fans in Deutschland

Trotzdem ist es bitter, dass sich fast eine halbe Million von ihnen hinter Erdogan gestellt haben, der sein Land immer autoritärer regiert. Dass Menschen, die in Deutschland in Frieden, Freiheit und geschützt durch das Grundgesetz leben, einen Mann an der Macht halten, für den Menschenrechte, Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit nichts zählen.

Einen Mann, der das Parlament entmachtet hat, politische Gegner juristisch verfolgen lässt und Gesetze schafft, um selbst ewig und uneingeschränkt regieren zu können.

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Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat recht, wenn er bei Twitter schreibt, die Autokorsos der Erdogan-Fans in Deutschland seien "eine nicht zu überhörende Absage an unsere pluralistische Demokratie und Zeugnis unseres Scheiterns unter ihnen". Und er hat auch recht, wenn er fordert: "Darüber wird zu reden sein."

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  • Der wahre tscharlie am 30.05.2023 17:10 Uhr / Bewertung:

    "Nein, es haben nicht zwei Drittel der Türken in Deutschland für Recep Tayyip Erdogan gestimmt – auch wenn das nun wieder vielerorts behauptet wird. "

    Das ist vollkommen richtig. Genauso wie es richtig ist, dass nur ein Sechstel der Menschen mit türkischem Familienhintergrund Erdogan gewählt haben.

    Ebenso recht hat Özdemir mit der Aussage, "Darüber wird zu reden sein.".
    Denn die Gründe, warum Erdogan gewählt wurde, sind vielschichtig. Ein Erdogan-Wähler hat es gestern im TV gut auf den Punkt gebracht. Indem er sagte, ihr (wir Deutschen) habt uns jahrelang abgelehnt, habt uns nie das Gefühl gegeben, ein Teil von Deutschland zu sein. Also wählen wir jemanden, der uns Selbstbewußtsein gibt.

    Die Türken sind seit Jahrzehnten ein Teil unserer Gesellschaft und haben durch ihre Arbeit auch zu dem Wohlstand beigetragen, den wir heute haben.

  • Bongo am 30.05.2023 18:48 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Der wahre tscharlie

    Ob jemand in einem anderen Land abgelehnt wird, liegt in erster Linie an ihm selber. Und einen Türken , der jahrelang hier ist und immer noch dasGefühl hat „kein Teil Deutschlands zu sein“, hindert doch niemand, zurück in sein Heimatland zu gehen.

  • Der wahre tscharlie am 30.05.2023 20:39 Uhr / Bewertung:
    Antwort auf Kommentar von Bongo

    Falsch. Es gibt bekanntlich einen gewissen Prozentsatz von Deutschen, die alles Fremde ablehnen. Das geht von Menschen bis zum Essen.
    Gut, dieser Prozentsatz interessiert sich auch nicht für diese Menschen, erlaubt sich aber dann ein Urteil über die Menschen. Das nennt man Arroganz gegenüber Andere, von denen man keine Ahnung hat.

    Dass Jemand hier jahrelang lebt, und ständig abgelehnt wird, ist nicht sein Problem, sondern ein Problem gewisser Deutscher.

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