"Er ist überhaupt nicht für Außenpolitik zuständig": Was will Söder bei Italiens Regierungschefin?

Rom/München - Ein paar Schritte zwischen den Touristenmassen auf der Spanischen Treppe gehen, eine Münze über die Schulter in den Trevi-Brunnen werfen: So viel Zeit für klassisches Touristenprogramm muss dann doch sein im Programm des Rom-Besuchs von Markus Söder (CSU). Der gelernte Fernsehredakteur denkt eben in Bildern.
Italien-Reise endet mit Enttäuschung für Markus Söder
Umso mehr dürfte der bayerische Ministerpräsident bedauern, dass am Freitag keine gemeinsame Pressekonferenz mit der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni vorgesehen ist. So wichtig ist der Gast aus München dann anscheinend doch nicht. Stattdessen erklärt Söder danach in der Residenz des deutschen Botschafters den mitreisenden Journalisten allein, wie das Gespräch aus seiner Sicht gelaufen ist.
Wie schon mehrfach zuvor betont Söder, wie ungewöhnlich es doch sei, dass er als Regierungschef eines Bundeslandes überhaupt empfangen wird. Und das Gespräch habe dann auch deutlich länger gedauert als geplant. Söder kommt etwa eine halbe Stunde später aus dem Palazzo Chigi, dem Sitz der Ministerpräsidentin, als geplant.
CSU-Boss Söder kann jetzt "Pronto" sagen
Zwei- bis dreimal seien Mitarbeiter reingekommen, um Meloni auf den nächsten Termin hinzuweisen. Und ihre Handynummern hätten die beiden auch ausgetauscht.
"Große Übereinstimmung", berichtet Söder, habe es beim Thema Energie gegeben. Beide seien sich einig, dass bei Gas und Wasserstoff die Nord-Süd-Verbindungen ausgebaut werden müssen, und zwar schneller als bisher geplant.
Markus Söder und Giorgia Meloni: Einigkeit bei der Blockabfertigung
Italien brauche Deutschland als Abnehmer, Deutschland brauche Energie aus Süden. Im Übrigen sei man sich auch einig gewesen, dass das geplante Verbot neuer Autos mit Verbrennungsmotor aufgehoben werden soll. Auch bei der Blockabfertigung der Tiroler für Lastwagen gab es Übereinstimmung: Sowohl Meloni als auch Söder halten die Maßnahme für europarechtswidrig. Italien hat Österreich deswegen – anders als Deutschland – sogar verklagt.
Schon vor einiger Zeit haben sich Bayern, Tirol und Südtirol darauf verständigt, mit einem Slotsystem für Abhilfe zu sorgen. Der Plan: Lastwagenfahrer sollen im Vorhinein online Zeitfenster (Slots) buchen, in denen sie dann das Recht haben, Tirol zu durchqueren. Das soll für flüssigen Verkehr auf den Autobahnen in Tirol sorgen, ohne Staus auf bayerischer Seite zu provozieren.
Markus Söder kann das Sticheln gegen Berlin nicht lassen
"Dass die italienische Regierung das Slotsystem prüft, wurde uns zugesagt", sagt Söder – und nutzt die Gelegenheit für einen Seitenhieb gegen Berlin: "Das Bundesverkehrsministerium ist da viel zu zäh." Deutschland könne sowohl der Klage beitreten als auch das Slotsystem voranbringen.
Drittes Thema: Migration. Meloni verfolgt schon seit einiger Zeit den Plan, in Italien ankommende Migranten nach Albanien zu verfrachten, wo sie untergebracht und über ihren Asylantrag entschieden werden soll. Dieses Drittstaatenmodell werde von Italien "mit höchster Sorgfalt vorangebracht" und "könnte auch eine Lösung für ganz Europa sein", sagt Söder. "Wir sollten auch in Deutschland das Drittstaatenmodell überlegen."
Besuch bei Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni: Söder kritisierte Manfred Weber
Söder bemüht sich zu betonen, dass er als Ministerpräsident Bayerns bei Meloni zu Besuch ist und keinesfalls als CSU-Chef. Das muss er auch – denn als EVP-Chef Manfred Weber den Kontakt zu Meloni gesucht hatte, musste er heftige Kritik einstecken. Melonis Partei Fratelli d'Italia hatte ihre Wurzeln im italienischen Faschismus. Allein schon deshalb komme eine Zusammenarbeit auf Parteiebene nicht infrage, sagt Söder.
CSU-Vize Weber ist da flexibler. Er hat für sich drei Kriterien aufgestellt: Eine Partei, die mit der EVP zusammenarbeitet, müsse den Rechtsstaat, die europäische Einigung und die Ukraine unterstützen. Bei Meloni sieht Weber alle drei Kriterien als erfüllt an.
Er ist überhaupt nicht für Außenpolitik zuständig: SPD-Kritik an Söders Italien-Reise
Söder allerdings nimmt eine klare Botschaft aus dem Treffen mit Meloni mit: "Es besteht definitiv kein Interesse, in die EVP zu kommen." Die Diskussion sei nicht mehr relevant. Gegenüber der AfD wiederum gebe es von Meloni "klare Ablehnung". Dass Söder aus egoistischen Motiven nach Italien fahre, hatte Grünen-Landtagsfraktionschefin Katharina Schulze bereits am Donnerstag kritisiert: "Der Rechtsrutsch ist überall spürbar, aber Markus Söder zieht keine Brandmauer hoch."
Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn kommentiert die Reise des bayerischen Ministerpräsidenten so: "Was bringt es, wenn Markus Söder zu Frau Meloni nach Italien fährt? Er ist überhaupt nicht für Außenpolitik zuständig." Es gehe offenbar wieder um seine Kanzlerkandidatur, also um ihn selbst, so Brunn zur AZ. Eins findet der Sozialdemokrat besonders interessant, nämlich dass Söder selbst Manfred Weber noch vor kurzem für Nähe zu den Post-Faschisten in Italien kritisiert habe. "Aber neben dem eigenen Ego ist bei Herrn Söders nur eines sicher: sein ständiger Zickzack-Kurs."