Ene mene Beckstein, und du wirst weg sein!
Offiziell verbreiten sie Optimismus. „Das schaffen wir schon“, lautet die Devise der CSU-Abgeordneten im Landtag für die Wahl am 28. September. Doch hinter den Kulissen herrscht das große Zittern.
MÜNCHEN Hinter der Kulissen der CSU werden schon Exceltabellen erstellt, gerechnet und gezählt, nach dem Motto: Ene mene Beckstein – und du wirst weg sein. Betroffen ist auch hohe CSU-Prominenz.
2003 hatte die CSU noch 60,7 Prozent – macht 124 Abgeordnete. Diesmal sehen die Prognosen sie zwischen 48 und 52 Prozent: Damit wird eine ganze Menge Parlamentarier nicht mehr ins Maximilianeum zurückkehren. „Dass wir nicht mehr dieselbe Anzahl von Mandaten bekommen werden wie 2003, weiß jeder“, sagt Ministerpräsident Günther Beckstein. „Das wäre auch für Stoiber nicht wiederholbar gewesen.“ Doch jetzt könnte es für die CSU richtig bitter werden.
Es gibt 180 Sitze zu verteilen. Bei der Landtagswahl 2003 gab es 92 Stimmkreise. Die hatte die CSU alle gewonnen, plus 32 Listen-Abgeordnete. Wenn sie 2008 nur auf 50 Prozent kommt, kann sie die Listenmandate so gut wie vergessen. Und einen Stimmkreis weniger gibt’s diesmal auch noch durch die Stimmkreisreform.
Worst Case
Die genauen Zahlen hängen stark davon ab, wie viele Parteien es in den Landtag schaffen. Worst Case aus Sicht der CSU: Würde der Landtag aus fünf Parteien bestehen, etwa mit FDP und Freien Wählern, könnte die Regierungspartei höchstens zwei ihrer 32 Listenmandate retten. Einige gefährdete Listen-Abgeordnete haben sich deshalb was Besseres gesucht, sind Bürgermeister oder Landrat geworden. Ein halbes Dutzend hat sich einen eigenen Stimmkreis erobert. Ein paar, wie etwa Kurt Faltlhauser, treten aus Altersgründen nicht mehr an.
Bleiben 22 Abgeordnete, die jetzt drin sind – aber bangen müssen, ob sie es wieder schaffen. Dazu drei Kabinettsmitglieder, die bisher gar keinen Parlamentssitz haben und unbedingt in den Landtag wollen – aber über die unsichere Liste. An vorderster Front: Wirtschaftsministerin Emilia Müller. Stoiber hatte sie aus dem EU-Parlament geholt. Nun will sie über die Oberpfalz-Liste ins Maximilianeum. Doch das wird knapp.
Kaum Chancen werden auch Finanzstaatssekretär Georg Fahrenschon eingeräumt. Er wechselte aus dem Bundestag ins Kabinett. Bei der Stimmkreisvergabe hatte er sich dumm angestellt, danach blieb nur noch die Liste.
Ein Fünkchen Hoffnung haben die Schwaben mit Justizministerin Beate Merk. Als zweitgrößter Bezirksverband nach Oberbayern könnten sie ein Listenmandat durchbringen. Dann hätte auch Merk, die 2003 vom OB-Sessel in Neu-Ulm ins Kabinett wechselte, einen Landtagssitz.
Aber eng wird es auch für altgediente Abgeordnete
Für Barbara Stamm, Vizepräsidentin des Landtags, könnte es nach 32 Jahren im Maximilianeum das Ende bedeuten.
Auf der Kippe ist auch Hans Gerhard Stockinger. Er hat schon gerechnet: „Wenn die CSU 53 Prozent bekommt, bin ich wieder drin.“ Und wenn nicht: „Als Listenabgeordneter hat man keinen Vertrag auf Lebenszeit. Ich bin Realist.“ Ebenfalls akut gefährdet: Gerhard Waschler aus Passau und der Oberbayer Johann Neumeier, seit 18 Jahren im Landtag. Er hat schon in der Fraktion den Aufstand geprobt. Doch wenn es überhaupt jemand von der Oberbayern-Liste schafft, dann Monika Hohlmeier, die nach dem Krach die Münchner CSU und damit ihren Stimmkreis verlassen hatte. Beckstein: „Jedes einzelne Mandat, das wir verlieren, tut mir weh.“
Angela Böhm