Eklat um Nationalspieler: Özil und Gündogan machen Wahlkampf für Erdogan
London – Der türkische Staatspräsident Erdogan, der seit dem gescheiterten Putschversuch im Juli 2016 dank immer wieder verlängertem Ausnahmezustand mit eiserner Hand in seinem Land regiert und dabei immer wieder rechtsstaatliche Prinzipien ignoriert oder außer Kraft setzt, weilt derzeit anlässlich eines dreitägigen Staatsbesuchs im Vereinigten Königreich. Neben Treffen mit Premierministerin Theresa May und Queen englische Queen stand auch eines mit drei Fußballspielern an: Die deutschen Nationalspieler Mesut Özil und Ilkay Gündogan sowie der türkische Nationalspieler Cenk Tosun aus Wetzlar in Hessen besuchten den Präsidenten im luxuriösen Hotel Four Seasons.
Bei der Gelegenheit überreichten die Premier-League-Profis Recep Tayyip Erdogan Trikots von ihren jeweiligen Vereinen. Das City-Trikot von Gündogan war zudem noch mit der handschriftlichen Widmung "Mit großem Respekt für meinen Präsidenten" versehen. Eine durchaus bemerkenswerte Aussage eines deutschen Staatsbürgers, der sich früh dafür entschied, für Deutschland und nicht für die Türkei aufzulaufen.
Deutsche Nationalspieler als türkische Wahlkampfhelfer
Doch das ist längst nicht der einzige Punkt, der das Treffen zwischen den Fußballern und dem Präsidenten problematisch macht. Bekanntlich befindet sich Recep Tayyip Erdogan derzeit mitten im Wahlkampf, da er die Wahlen um ein Jahr auf den Juni 2018 vorverlegt hat. Da überrascht es kaum, dass die Bilder des Treffens vom Twitter-Kanal seiner Partei AKP verbreitet wurden.
Es drängt sich also der Verdacht auf, dass sich zwei deutsche Nationalspieler kurz vor Beginn der WM, einen Tag vor Bekanntgabe des WM-Kaders, als Wahlkampfhelfer für ein anderes Land einspannen ließen. Das wäre angesichts der stets gewünschten Politikfreiheit des Sports ohnehin schon problematisch. Dass es sich dabei aber ausgerechnet auch noch um die Türkei handelt, ein Land in dem immer noch Deutsche ohne echten Prozess eingesperrt werden, macht die Angelegenheit zu einem handfesten Skandal.
Update: DFB-Präsident Grindel reagiert
Ungewöhnlich scharf äußerte sich DFB-Präsident Reinhard Grindel zum Erdogan-Auftritt "seiner" Nationalspieler Özil und Gündogan. "Der Fußball und der DFB stehen für Werte, die von Herrn Erdogan nicht hinreichend beachtet werden", schrieb er auf Twitter. Und weiter: "Deshalb ist es nicht gut, dass sich unsere Nationalspieler für seine Wahlkampfmanöver missbrauchen lassen. Der Integrationsarbeit des DFB haben unsere beiden Spieler mit dieser Aktion sicher nicht geholfen."
Ilkay Gündogan hat inzwischen die Kritik an den Fotos zurückgewiesen: "Es war nicht unsere Absicht, mit diesem Bild ein politisches Statement abzugeben, geschweige denn Wahlkampf zu machen", teilte Gündogan mit.