Eklat um die Familienbande

Chaos-Sitzung im Landtag: Der Ältestenrat muss zwei Stunden schlichten. Die Abgeordneten- Angehörigen sorgen für Zündstoff – Georg Schmid hat sogar 6500 Euro für seine Frau abgerechnet
Angela Böhm |
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Kündigung nach 23 Jahren: CSU-Fraktionschef Georg Schmid und seine Frau Gertrud. Er zahlte ihr bis zu 5500 Euro pro Monat. Künftig rechnet er sie nicht mehr als seine Abgeordneten-Mitarbeiterin ab.
dpa Kündigung nach 23 Jahren: CSU-Fraktionschef Georg Schmid und seine Frau Gertrud. Er zahlte ihr bis zu 5500 Euro pro Monat. Künftig rechnet er sie nicht mehr als seine Abgeordneten-Mitarbeiterin ab.

Chaos-Sitzung im Landtag: Der Ältestenrat muss zwei Stunden schlichten. Die Abgeordneten- Angehörigen sorgen für Zündstoff – Georg Schmid hat sogar 6500 Euro für seine Frau abgerechnet

MÜNCHEN Der Entlastungsangriff wurde zum Waterloo für CSU-Fraktionschef Georg Schmid. „Abräumen“ wollte er gestern im Landtag das peinliche Thema mit den Angehörigen. Dabei gerät er immer mehr unter Beschuss.

Am Dienstag hatte Schmid einräumen müssen, dass er seine Ehefrau mit einem Werkvertrag beschäftigt und ihr dafür „5500 Euro monatlich netto“ gezahlt hat. Dazu kamen noch 19 Prozent Mehrwertsteuer auf den Werkvertrag. Schmid räumte gegenüber der AZ ein, dass er insgesamt gut 6500 Euro beim Landtagsamt für seine Frau abgerechnet hat. Das sind nur rund 500 Euro weniger, als ein Landtagsabgeordneter derzeit an Diäten bekommt.

Im Landtag lief dem Fraktionschef alles aus dem Ruder. Die CSU-Strategen waren zu dumm, um das Gesetz zu ihrer Rettung durchzubringen. In der Plenarsitzung ging's rund. „Die CSU will ein für sie problematisches Thema im Hauruckverfahren ändern“, wetterte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher und weigerte sich, mitzumachen.

„Diese Scheinheiligkeit und Hinterfotzigkeit ist nicht zu überbieten“, warf ihm CSU-Fraktionsvize Alexander König, der selber seine Frau angestellt hat, an den Kopf. „Amigos“ schrie Peter Paul Gantzer, der ehemalige Landtagsvizepräsident der SPD, hinüber in die Reihen der CSU. Die turbulente Sitzung wurde abgebrochen. Der Ältestenrat trat zusammen, wie es weitergehen soll. Die CSU-Fraktion traf sich zur Krisensitzung. Es ging drunter und drüber.

Erst nach zwei Stunden und 15 Minuten kamen die Abgeordneten wieder zusammen. Die CSU zog ihren Antrag zurück. Die Opposition zwang sie zu einem ganz normalen Gesetzgebungsverfahren. Das heißt, die CSU-Familienunternehmen müssen erst in den zuständigen Rechtsausschuss und dann wieder ins Landtagsplenum. Erst am 16. Mai kann die CSU dann endlich einen Schlussstrich ziehen, unter die Finanzierung ihrer Familienbande.

Bis dahin will die Opposition das Thema voll auskosten. Ministerpräsident Horst Seehofer ist inzwischen total angefressen. Überall werde er auf das Thema angesprochen, hieß es in seiner Umgebung. Bereits vergangenen Freitag hatte er die Order ausgegeben: Frauen und Kindern muss gekündigt werden. Seehofer fürchtet, die CSU könne fünf Monate vor der Landtagswahl wieder in ihrem alten Amigo-Licht erscheinen.

Abgeordneten stehen für Mitarbeiter monatlich insgesamt 7500 Euro zu. Gedacht ist diese Summe für eine Bürokraft und eine Zwei-Drittel-Stelle für wissenschaftliche Mitarbeit. Offensichtlich konnten die Abgeordneten die Summe aber auch verteilen, wie sie wollten. Schmid berechnete sie fast allein für die Firma, die seine Frau extra gegründet hat. Den Rest, der übrig blieb, investierte er in zwei 400-Euro-Kräfte. Eine weitere wurde stundenweise bezahlt.

 Der Chef des Haushaltsausschusses, Georg Winter, nützte die Pauschale für Einzelverträge mit Frau und Söhnen.

Bereits im Jahr 2000 hatte die AZ aufgedeckt, wie Abgeordneten ihre Familienmitglieder versorgen. Daraufhin wurde das Gesetz im Dezember 2000 geändert - und die Anstellung von Familienangehörigen verboten. Wer Frau und Kinder schon angestellt hatte, dufte das weiter - bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Wenn die AZ letzte Woche nicht nachgehakt hätte, ob es im Landtag noch solche Verträge gibt.

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