Eklat im NSA-Ausschuss
Ausschuss-Chef Clemens Binninger wirft überraschend hin – Anlass ist der Konflikt, ob Snowden aussagen (und bleiben) soll
Berlin - Er ist noch nicht mal eine Woche alt – doch der NSA-Ausschuss hat schon seinen ersten großen Krach: Clemens Binninger (CDU), der bisherige Vorsitzende des Gremiums, warf gestern entnervt hin. Begründung: Grüne und Linke wollten aus dem Gremium einen reinen Edward-Snowden-Ausschuss machen.
Binninger verbreitete seine Entscheidung gestern in einer schriftlichen persönlichen Erklärung. „Ein Untersuchungsausschuss sollte nicht in erster Linie der parteipolitischen Profilierung dienen“, schreibt der CDU-Politiker. „Die Oppostion hat zu erkennen gegeben, dass sie von Beginn an ausschließlich die Vernehmung von Edward Snowden in den Mittelpunkt der Arbeit stellen will.“ Eine überparteiliche Aufklärung sei so nicht möglich. Die CDU bedauerte seinen Rückzug und gab bekannt, dass Patrick Sensburg, bisher CDU-Obmann im Ausschuss, nun Binninger als Chef des Gremiums nachfolgen werde.
Binninger hatte von Anfang seine Skepsis über eine Aussage von Snowden gezeigt. Sein Standpunkt: Der habe offenbar alles gesagt, was er wisse, und könne nichts mehr Neues beitragen. Sensburg dagegen, der neue Chef, wie auch SPD-Obmann Christian Flisek, hatten immer deutlich gemacht, dass sie den NSA-Whistleblower durchaus für einen sinnvollen Zeugen halten. Aber: Sie halten auch eine Aussage per Video vom Moskauer Exil aus für denkbar, so wie Snowden jüngst von einem Gremium des Europarats gehört wurde. Vor allem die Grünen bestehen aber darauf, dass Snowden live in der deutschen Hauptstadt erscheint.
"Ungemach" aus Washington?
Hans-Christian Ströbele sagte, man werde das persönliche Erscheinen zur Not auch juristisch durchsetzen. „Er möchte hier aussagen und er möchte hier Aufenthalt haben. Die Bundesregierung muss die Voraussetzung dafür schaffen.“ Das ist aber genau der Knackpunkt: Gegen eine Aussage von Snowden an sich gibt es auch in der Regierung kaum (öffentlichen) Widerstand, wohl aber gegen eine Verknüpfung mit einem Aufenthaltsrecht – nicht zuletzt, weil es dann schwer würde, ein Auslieferungsersuchen der USA abzuwehren.
Der grüne Haudegen Ströbele allerdings – der Snowden schon in Moskau besucht und danach für Asyl für ihn in Deutschland geworben hatte – sagt, dass Snowden von Moskau aus nie frei sprechen könne. Nur in Berlin könne er richtig auspacken. Ströbele gestern zu Binningers Rücktritt: „Ich vermute, dass vom Kanzleramt Druck ausgeübt worden ist, um die Vernehmung von Edward Snowden zu verhindern.“ Sein Fraktionskollege Konstantin von Notz sagte, Merkel wolle gar keine Vernehmung von Snowden, weil sie „Ungemach“ aus Washington fürchte.
Der NSA-Ausschuss ist ohnehin mit gemischten Reaktionen gestartet. Er will erstens aufklären, was deutsche Dienste von den US-Spähaktionen wussten – dazu kann er deutsche Zeugen laden. Der zweite Fragen-Komplex, wie viele und welche Daten US-Dienste über Deutsche gesammelt haben, wird mit niedrigen Erwartungen gesehen: Dazu müssten die USA kooperieren, und danach sieht es nicht aus. Insofern gilt der Streit um Snowden als gewisses Ablenkungsmanöver.