Eines ist nicht sicher: Die Rente

Jens Spahn (CDU) hat mit einem alten Vorschlag die hitzige Debatte neu entfacht.
von  S. Lange
Jens Spahn.
Jens Spahn. © dpa

Jens Spahn wird sich ein wenig ins Fäustchen gelacht haben. Sein Vorschlag, die vorgezogene Rente mit 63 abzuschaffen, schlägt gerade Wellen. Dabei hat der CDU-Politiker das Modell schon öfter kritisiert, zuletzt im Dezember. Der ehemalige Gesundheitsminister forderte da die Koppelung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. "Für jedes Jahr länger leben einen Monat später in Rente", schlug er vor und kritisierte bereits damals, die Rente mit 63 sei ein großer Fehler der Großen Koalition gewesen, weil sie für das Fehlen Hunderttausender Fachkräfte verantwortlich sei. Die heftige Kritik an Spahns Neuauflage der Rentenkritik indes zeigt, wie angespannt die Lage ist.

Spahns Vorschlag ließe sich nur über Gesetzesänderungen realisieren, die Ampel lehnt das ab. Die Reaktionen fielen harsch aus. "Für viele Menschen, die einer körperlich harten Arbeit nachgehen, ist es schon jetzt schwierig, das Renteneintrittsalter ohne gesundheitliche Einschränkungen zu erreichen", sagte die Vorstandsvorsitzende des Sozialverbandes Deutschland (SoVD), Michaela Engelmeier, der AZ. Diesen Menschen könne nicht noch mehr zugemutet werden. "Denn die Rente mit 63 ist ja schon heute nur dann möglich, wenn schon 45 Jahre lang Beiträge eingezahlt worden sind", erklärte Engelmeier und ergänzte: "Aus Sicht des SoVD ist es ein Skandal, dass Menschen von einem Bürosessel aus mal eben so den Vorschlag machen."

Vor allem aber geht es um die Finanzierung der gesetzlichen Rente. Die derzeitigen Beitragszahlerinnen und -zahler bilden keine eigenen Rücklagen, sondern finanzieren über das sogenannte Umlageverfahren die Rente für die heutigen Ruheständler. Deren Anzahl steigt in Relation zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter deutlich an, die Rentenbeiträge müssen also steigen. Der Bund stößt schon jetzt an seine Grenzen, er zahlte 2022 mehr als 100 Milliarden Euro in die gesetzliche Rentenversicherung ein. Das war etwa ein Drittel der Rentenausgaben in Höhe von rund 308 Milliarden Euro. Der Rest kam durch die Beiträge herein, wie sie Arbeitnehmer und Arbeitgeber bezahlen.

Schon jetzt gilt, dass die Jahrgänge ab 1964 erst mit 65 abschlagsfrei in den Ruhestand gehen können. Die später Geborenen müssen bis 67 arbeiten. Eine weitere Verlängerung der Lebensarbeitszeit ist nicht geplant. Die Ampel-Regierung will sich nun aufs Spekulieren verlegen, um staatliche Zuschüsse sowie Beitragssteigerungen zu begrenzen. Das Stichwort lautet "Generationenkapital", dahinter verbirgt sich die Idee, zunächst einmal zehn Milliarden Euro an den internationalen Kapitalmärkten einzusetzen und auf Rendite zu hoffen. Bis in die zweite Hälfte der 2030er-Jahre müssten jährlich zweistellige Milliardensummen eingezahlt werden, damit die Sache Sinn ergibt. Das Geld würde nicht auf die Schuldenbremse angerechnet, weil es nicht konsumiert, sondern angelegt wird.

Auf die lange Strecke betrachtet sind Aktien zwar eine relativ sichere Bank. Fällt die geplante Auszahlung jedoch in eine Phase hoher Inflation, wie derzeit in Deutschland (7,2 Prozent), schmälert der Kaufkraftverlust den Gewinn deutlich.

Der Sozialverband Deutschland lehnt eine Aktienrente deshalb ab. Er wünscht sich stattdessen ein stabiles Rentenniveau. Es gibt über das Verhältnis vom Durchschnittseinkommen zur Rente Auskunft und liegt bei rund 48 Prozent. Der SoVD favorisiert die Rückkehr zu den 53 Prozent früherer Jahre. Eine Idee, wie das zu bezahlen wäre, hat der Verband: Die Einführung einer Erwerbstätigenrente, in die auch Beamte, Freiberufler und Parlamentarier einbezahlen.

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