Einer fürs Image, einer für Krawall

Die neue Arbeitsteilung der CSU: Erwin Huber soll nicht mehr aufs Wahlplakat, aber dafür in Berlin gegen den Gesundheitsfonds kämpfen. Klausur in Kreuth verordnet sich Harmonie – bis September
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KREUTH - Die neue Arbeitsteilung der CSU: Erwin Huber soll nicht mehr aufs Wahlplakat, aber dafür in Berlin gegen den Gesundheitsfonds kämpfen. Klausur in Kreuth verordnet sich Harmonie – bis September

Es ist schon nach Mitternacht. Die stundenlangen Diskussionen um die CSU-Krise und den Gesundheitsfonds sind endlich beendet. Da demonstrieren Erwin Huber und Horst Seehofer hinter den verschlossenen Türen des ehemaligen Sanatoriums in Kreuth brutalstmögliche Harmonie. Sie setzen sich gemeinsam an einen Tisch. Stoßen mit einem Glas Rotwein an. Und rufen per Handy gemeinsam Seehofers Frau Karin an, um ihr zum Geburtstag zu gratulieren.

Ministerpräsident Günther Beckstein sitzt am Nebentisch und hat ganz andere Sorgen. Eine Umfrage soll es angeblich geben, bei der die CSU nur noch bei 43 Prozent liegt. „Wo kommt die denn her?“, will er unbedingt wissen. Aber keiner kann’s ihm sagen. Die Stimmung ist gedrückt.

Die Wahlkampf-Strategen warnen schon davor, dass das Chaos-Tandem nicht mehr gemeinsam in den Wahlkampf radeln solle. Zumindest auf den Plakaten. Huber könne durch den Untersuchungsausschuss zur Landesbank eine Belastung werden. Vor allem aber: Das erste gemeinsame Plakat war ein Flop. Keiner wollte es haben. Denn die beiden sahen aus wie zwei graue Panther, die fürs Seniorenstift werben.

"Noch zu viel Photoshop"

Nun soll die Kampagne zur Landtagswahl allein auf Beckstein zugeschnitten werden. „Schließlich geht es ja um den Ministerpräsidenten“, argumentieren die Experten. Generalsekretärin Christine Haderthauer hat erste Dummies mitgebracht. So recht sind sie nicht gelungen. „Noch zu viel Photoshop“, heißt es. Beckstein muss sich noch viel Zeit nehmen für weitere Foto-Shootings.

Huber soll unterdessen Krawall machen und sich als CSU-Chef mit der Kanzlerin anlegen. Auch wenn’s nur Scheingefechte sind. Egal. Dieses Rezept hat bisher immer die Sympathie bei den Wählern wieder auf Kurs gebracht. So wie damals, als Theo Waigel Finanzminister war in der Regierung Helmut Kohl. Und Edmund Stoiber als Ministerpräsident gegen den Euro kämpfte bis aufs Blut.

Gesundheitsfonds infrage gestellt

Bei seinem Vorstoß zur Pendlerpauschale hat sich Huber in Berlin schon eine blutige Nase geholt. „Sie wird kommen“, sagt er trotzig. „Ich bin überzeugt, dass kein Weg daran vorbei führt.“ Die nächste Attacke reitet er nun zum Gesundheitsfonds. Er stellt ihn in Frage – mit einer Fünf-Punkte-Forderung. Danach dürfen jährlich nicht mehr als 100 Millionen Euro aus Bayern an andere Länder abfließen, Bayerns Ärzte keine Einbußen beim Honorar haben und Krankenkassen Pleite gehen können.

„Dieses Papier wird sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht gerne hinter den Spiegel hängen“, sagt der Bundestagsabgeordnete und Mittelstandssprecher Hans Michelbach und bezeichnet es schon als Ausstiegsszenario. Doch Bundeskanzlerin Angela Merkel wird darüber nur lächeln. Was Huber jetzt bringt, ist ein alter Hut. Alles steht schon im Gesetz, durchgeboxt noch von Stoiber.

Aber Beckstein hat Angst und würde den Gesundheitsfonds eh lieber platzen lassen. Er fürchtet, dass Gesundheitsministerin Ulla Schmidt die 100 Millionen nicht einhalten kann. „Wenn dann vor der Wahl plötzlich Zahlen von 300 oder 400 Millionen kommen, die Bayern zahlen soll, dann fliegt uns hier der ganze Laden um die Ohren“, prophezeit er.

"Es war klinisch rein"

Auch bei der Erbschaftsteuer lässt Huber die Muskeln spielen. Die CSU werde dem Gesetz nicht zustimmen, wenn die Haltefrist für die Steuerbefreiung eines ererbten Betriebs nicht von 15 auf zehn Jahre gekürzt wird. Und ein Konzept zur Steuerentlastung will Huber auch noch vorlegen.

„Es war eine Freude“, verabschiedet er sich aus Kreuth. Horst Seehofer ist zuversichtlich, dass es bis zum 28. September so bleibt: „Es war klinisch rein.“ Ein Präsidiumsmitglied formuliert es andersrum: „Der Frieden hält bis zum 28. September um 18.05 Uhr.“

Angela Böhm

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