Eine Staatsaffäre

Der Chefreporter der AZ Matthias Maus über die Ermittlungen in der Neonazi-Mordserie, die Deutschland in den vergangenen Wochen bewegt.  
von  Matthias Maus

Man stelle sich nur mal vor: Der Verfassungsschutz zahlt einem Linksextremisten 100000 Euro Agentenlohn, der davon eine extremistische Kampforganisation gründet und finanziert. Man stelle sich weiter vor, weder der Verfassungsschutzpräsident noch seine Länderkollegen können sagen, ob es Haftbefehle gegen gewalttätige Linksextremisten gibt. Wie lange wohl wären die Herren und Damen noch im Amt?

Keinen Tag. Die Beispiele sind nicht aus der Luft gegriffen. Man muss Linksextremisten nur durch Neonazis ersetzen, dann hat man Bestandteile eines Skandals, der die Republik erschüttert. Eines Skandals, der zur Staatsaffäre wird. Denn noch immer halten die Sicherheitsbehörden und Teile der Politik den Ball flach: Noch immer wird die beispiellose Mordserie heruntergespielt, noch immer tut der bayerische Innenminister so, als seien Neonazis weitgehend ein Ostproblem.

Wer hat das Paulchen-Panther-Video bei einer Nürnberger Zeitung vorbeigebracht? Wo bleiben eigentlich die Hausdurchsuchungen in der bayerischen Szene? Kleinigkeiten für sich genommen, aber es sind Puzzleteile eines schrecklichen Bildes: Zwei Wochen nach Bekanntwerden der schlimmsten politischen Gewaltserie der letzten Jahrzehnte haben sich die Sicherheitsdienste nicht vom Verdacht befreit, sie seien auf dem rechten Auge blind. Sie müssen der demokratischen Gesellschaft das Gegenteil beweisen. Jetzt.

 

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