Eine neue Partei
Das Internet hat unser Leben verändert, jetzt verändert es auch die Politik. So wie jede Umwälzung, jede Revolution ihren Motor und ihr Spiegelbild in einer politischen Bewegung hatte – von der nationalen über die soziale bis zur ökologischen Frage –, so hat die digitale Revolution nun einen neuen politischen Akteur ins Rennen um die Wählerstimmen geschickt: die Piraten-Partei.
Bisher war die Bedrohung der etablierten Parteien durch die Freibeuter rein virtuell – seit Sonntag ist sie real. Die CSU warnt schon vor einem „Irrweg“ und mahnt den Schulterschluss der Volksparteien an. Sicherlich: Viele Forderungen der Piraten sind, vorsichtig formuliert, nicht durchdacht und noch viel weniger durchgerechnet. Wie zum Beispiel das garantierte Mindesteinkommen für alle oder kostenloses W-Lan für jeden. Ihr Umgang mit dem wegen Kinderporno-Besitz verurteilten ehemaligen SPD-Abgeordneten Jörg Tauss stimmt nachdenklich. Ebenso wie die parteiinterne Diskussion, dass ein Kinderporno-Verbot „ausschließlich der Durchsetzung bestimmter Moralvorstellungen dient und die Probleme der Pädophilen völlig ausgeblendet werden“.
Noch sind die Piraten eine reine Protest-Partei mit einer schmalbrüstigen Programmatik. Aber sie haben eine zeitgemäße Organisation, sie diskutieren lebendig, ausschweifend und ernsthaft. Und sie sehen die Demokratie „als bestmögliche Herrschaftsform“ an – das kann nicht jede Protestpartei in Deutschland von sich behaupten.
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