Eine epochale Woche
Der Chefreporter der AZ, Matthias Maus, über die neue Macht in Europa.
Die Erde hat nicht gebebt, keine Sintflut ist gekommen, Fanfaren haben nicht geblasen. Dennoch war die vergangene Woche eine epochale. Der 6. September wird in die Geschichtsbücher Europas eingehen.
An diesem Tag haben sich die politische Gewichte auf dem Kontinent verschoben. Aus der Zentralbank, die einst nur für stabiles Geld sorgen sollte, ist eine übermächtige Institution geworden, Mario Draghi ist nicht nur Mr. Euro, er ist Mr. Europa.
Schon klar: Noch immer haben Parlamente, Regierungen oder das Verfassungsgericht Mitsprache beim der Vergabe der EZB-Finanzmittel. Auf dem Papier. In der Realität ist aber egal, was Karlsruhe entscheidet am 12.September, egal was Merkel sagt oder Monti. Wenn Not ist, dann gilt, was Draghi gesagt hat: Er werde „alles tun“, um den Euro zu retten. Er wird die Notenpresse anwerfen. Die „Bazooka“ mit unbegrenzter Feuerkraft gegen die Spekulanten liegt auf dem Tisch. Das ist, so hofft Draghi, so hofft Merkel, und so müssen auch wir hoffen, Drohgebärde genug für alle Spekulanten. Merkels Sparkurs für Europa ist am Ende. Er hat nicht funktioniert, er war nicht durchsetzbar. Es gibt einen neuen Kurs. Er ist riskant. Es bleibt spannend.