Eindeutige Ergebnisse: Bayerns Menschenfeinde

Die Vorurteile gegenüber Muslimen, Arbeitslosen und Homosexuellen sind groß – und in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das belegt eine neue Studie der LMU, die erstmals die "Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit" untersucht hat.
von  Von Sophie Burfeind
Fremdenfeindlichkeit ist kein Randgruppenthema mehr – wie auch diese Demo in Freilassing zeigt.
Fremdenfeindlichkeit ist kein Randgruppenthema mehr – wie auch diese Demo in Freilassing zeigt. © dpa

Ein Mann, der auf offener Straße einen Mann küsst, eine Frau mit Kopftuch, jemand, der seit vielen Jahren keine Arbeit hat – sie alle kennen die ablehnenden Blicke der anderen, die Vorurteile. Für viele Menschen in Deutschland gehört das Diskriminiertwerden zum Alltag.
Eine neue Studie der LMU zu „Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in Bayern“, die am Montag vorgestellt wurde, zeigt: Im Freistaat ist niemand so sehr von Vorurteilen betroffen wie Muslime.

Wie wurde geforscht? Von April bis Juni 2016 haben Soziologen etwa 1700 Menschen in Bayern zu ihren Vorurteilen befragt, 645 von ihnen lebten in München. Weil nicht jede Form von Abwertung anderer rechtsextrem ist, sprechen die Forscher von Menschenfeindlichkeit gegenüber bestimmten Gruppen.

Zu diesen zählten neben Muslimen Flüchtlinge, Sinti und Roma, Homosexuelle, Langzeitarbeitslose, Ausländer, Juden und dunkelhäutige Menschen. Häufig beschränken sich die Vorurteile nicht nur auf eine Gruppe. „Es gibt die Tendenz, verschiedene Gruppen abzuwerten“, sagt der Soziologe Christian Ganser von der LMU. Oder anders gesagt: Wer Vorurteile hat, der hat meistens ziemlich viele.

Wer ist besonders betroffen? Muslime. Die Zahlen sind erschreckend: 35 Prozent der Befragten zeigten ihnen gegenüber eine „mittlere“ ablehnende Haltung, 21 Prozent sogar eine „starke“. Das sind also mehr als die Hälfte der Bayern.
Nach den Muslimen sind Langzeitarbeitslose (35 Prozent), Sinti und Roma (35 Prozent) sowie Flüchtlinge (32 Prozent) am stärksten von Ressentiments betroffen. Die wenigsten Vorbehalte haben die Bayern gegen dunkelhäutige Menschen (10 Prozent).

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Was wird unterstellt? Die Befragten konnten Sätzen zustimmen wie: „Sinti und Roma neigen zur Kriminalität“, „Die Langzeitarbeitslosen machen sich auf Kosten der Gesellschaft ein bequemes Leben“, oder: „Flüchtlinge nehmen den Deutschen die Wohnungen weg“.

Wer hat die meisten Vorurteile? Gute Nachrichten für Frauen: Sie haben seltener welche als Männer. Auch wer viel Kontakt zu Menschen aus einer der Gruppen hat, begegnet ihnen vorbehaltloser.
Wer dagegen nationalistisch eingestellt ist und kein Vertrauen in staatliche Institutionen hat, tendiert eher zu Ablehnung und Hass. Mit zunehmendem Alter werden Vorbehalte oft stärker.
Die Studie zeigt auch, dass Bildung hilft, Vorurteilen vorzubeugen: Akademiker haben durchschnittlich weniger Vorbehalte als andere. Das Einkommen spielt keine große Rolle.

Was ist am erschreckendsten? Solche Einstellungen sind längst nicht mehr nur am rechten Rand der Gesellschaft zu finden. Sie finden sich überall. „Es ist ein Phänomen der Mitte“, sagt der Soziologe Christian Ganser.

Was sagen Experten? Matthias Fack, der Präsident des Bayerischen Jugendrings, hält die Ergebnisse für hilfreich, weil sie mit Zahlen belegen, was Sozialpädagogen in ihrer täglichen Arbeit erleben: „Wir sehen, dass Muslime immer stärker angefeindet werden. Wer einen Bart trägt, wird gleich für einen Salafisten gehalten.“

Wie sind die Reaktionen? Katharina Schulze (Grüne) fordert die Landesregierung auf, mehr gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Menschenfeindlichkeit zu tun. Sicherheitspolitische Maßnahmen allein reichten nicht aus. Die ganze Gesellschaft müsse in den Blick genommen werden.

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