Ein Zwischensieg
Billige Triumphgefühle? Blanke Rachegelüste? Darf man Freude empfinden über den Tod eines Menschen? Ja, man darf in diesem Fall. Lassen Sie der Erleichterung ruhig freien Lauf, die ernsten Tage werden früher zurück kommen, als es uns lieb ist. Heute aber gilt: Der 1. Mai 2011 ist ein guter Tag, er ist kein Sieg über den Terror, aber eine womöglich entscheidende Zwischenetappe.
Hass, Wut, Rache – seitdem der Terror im großen Stil über die Welt kam, tobt der Krieg der Emotionen. Die Gefühle sind verständlich, vor allem bei denen, deren Angehörige selbst Opfer von Osama bin Laden wurden. Endgültig entschieden wird der Kampf gegen die terroristische Bedrohung aber nicht durch das Gefühl, sondern durch den kühlen Intellekt. Der Klügere wird gewinnen, das gilt nach bin Ladens Tod genauso wie davor.
Deswegen ist es so wichtig, dass aus der gelungenen Kommandoaktion der Amerikaner die richtigen Schlüsse gezogen werden: Osama bin Laden war der meistgehasste und meistgesuchte Mensch der Welt – und trotzdem am Ende nicht viel mehr als eine Symbolfigur. Der Terror aber ist schon weiter gezogen: Spontan agierende und lose vernetzte Gruppen brauchen keinen pakistanischen Terrorfürsten, um zuzuschlagen. Und nicht jeder Terrorist, der den Westen bedroht, wird von El-Kaida geschickt.
Wir werden noch viel Augenmaß, Vernunft und Entschlossenheit brauchen, um den Terror zu besiegen.