Ein Teufelskreis

Ein Fall fürs Sozialamt – egal, wie lange jemand gearbeitet hat: Der Vize-Chefredakteur der AZ, Georg Thanscheidt, über die Rentenlücke bei Mini-Jobbern.
von  Georg Thanscheidt

Das deutsche Job-Wunder hat seinen Preis – und den bezahlt der Einzelne im Alter. Für Millionen von Angestellten, die sich gerade mit Minijobs über Wasser halten, wird es dann ein böses Erwachen geben: Ihre Rente wird so gering sein, dass sie auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden. Durch die Hartz-IV-Reformen vor neun Jahren ist im Minijob-Bereich eine für den Einzelnen paradoxe Situation entstanden: Egal, ob er mehr als 40 Jahre zumindest geringfügig beschäftigt war oder nicht – am Ende bekommt er lediglich den früheren Sozialhilfesatz. Der beträgt in München für diese „Aufstocker“ bald 393 Euro im Monat.

Selbst wenn er in die viel gepriesene private Vorsorge – zum Beispiel in einen Riester-Vertrag – investiert hätte – er wäre trotzdem ein Fall fürs Sozialamt. Das ist bitter – nicht nur für den Einzelnen, auch für die Gemeinschaft. Denn die Tendenz zu Minijobs höhlt die Finanzierung der Sozialkassen aus. Vor zehn Jahren gab es nur vier Millionen geringfügig Beschäftigte, jetzt sind es schon knapp acht Millionen. Das ist fast jeder vierte Beschäftigte.

Für fünf Millionen ist der Mini-Job die einzige Einkommensquelle. Für sie müssen geringere Rentenversicherungsbeiträge gezahlt werden – der Arbeitgeber zahlt pauschal 15 Prozent vom Lohn. Der Angestellte muss nichts bezahlen – er könnte freiwillig mehr zahlen, tut dies aber nicht, weil er dafür kein Geld hat. Genau deswegen hat er ja einen 400-Euro-Job angenommen. Ein Teufelskreis.

 

 

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