Ein Placebo für CSU-Frauen

Um sein Gesicht zu wahren, einigt sich Horst Seehofer mit den Bezirkschefs auf einen Minimal-Kompromiss bei der Frauen-Quote. Die Männer müssen nun nicht um ihre Ämter fürchten
Abendzeitung |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News

MÜNCHEN - Um sein Gesicht zu wahren, einigt sich Horst Seehofer mit den Bezirkschefs auf einen Minimal-Kompromiss bei der Frauen-Quote. Die Männer müssen nun nicht um ihre Ämter fürchten

Am Ende mauschelte es Horst Seehofer mit den Männern alleine aus. Vor der Vorstandssitzung der CSU am Montagmorgen traf er sich mit den Bezirksvorsitzenden seiner Partei. Seehofer wollte endlich ein Ergebnis in Sachen Frauen-Quote. Damit er im Streit um die Beteiligung des weiblichen Geschlechts zumindest sein Gesicht wahren kann. Weit hatte er sich hinausgelehnt. Eine 40-Prozent-Quote wollte er der CSU auf allen Ebenen und Ämtern verpassen. Mit seinem Namen hatte er das schwarze Frauenförderprogramm verbunden. Doch die Parteibasis ließ ihn eiskalt abblitzen. Heraus kommt nun ein Placebo.

Eines, das alle beruhigen soll, aber keine Wirkung hat. Bei dem für die Männer eigentlich fast alles beim alten bleibt. Und bei dem sich für die Frauen nicht viel ändert, außer ein bisschen Hoffnung, dass sie sich in der Männerpartei nun irgendwann einmal durchsetzen.

Einen Minimal-Kompromiss hat der Parteichef mit den Bezirksvorsitzenden ausgehandelt. Die Frauen-Union hat er daran nicht mehr beteiligt. Die CSU-Damen wurden über das Ergebnis nur noch informiert. Eine Studie der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung nannte das kürzlich so: „Männliche Denkens- und Vorgehensweisen haben über Jahrzehnte die Parteikultur bestimmt und reproduzieren somit immer wieder bestimmte, überwiegend traditionelle Geschlechterverhältnisse.“

Geeinigt haben sich die Männer nun auf folgendes: Die CSU will eine Frauenquote einführen. Das klingt gut, hat aber einen Haken: Nur im Landesvorstand und den Bezirksvorständen soll es eine Quote geben. Das heißt: In der Männerpartei wird sich nichts ändern. Die begehrten Mandate für Landtag und Bundestag, für Landräte und Oberbürgermeister bleiben weiter in Männerhand. Die werden nämlich auf Kreisebene entschieden. Und die ist von der „CSU-Quote“ ausgenommen.

Die Welt der CSU-Männer bleibt also in Ordnung: Bei den Mandatsträgern sind Frauen nur mit 16 Prozent vertreten. Im Bundestag sind nur sechs der 45 CSU-Abgeordneten weiblich, im Landtag 19 der 92. Unter den 46 CSU-Landräten ist keine einzige Frau, unter den 27 CSU-Oberbürgermeistern sind drei. Daran wird sich künftig nicht viel ändern.

Dabei hatte Seehofer vor einem Jahr noch euphorisch erklärt: „Frauen sind Gold wert.“ Nachdem zuvor bei den Wahlen der CSU die 18- bis 40-jährigen Wählerinnen in Scharen davon gelaufen waren. Doch Seehofer hatte die Stimmung in seiner Partei völlig falsch eingeschätzt. Er merkte erst jetzt, dass er sich mit einer Quote auf dem CSU-Parteitag Ende Oktober nicht durchsetzen kann. Die Basis hätte ihn über die Klinge springen lassen.

Anfangs hatte sich Angelika Niebler, die Chefin der Frauen-Union, noch kampfeslustig gezeigt. Aber ihre Amazonen- Truppe schwächelte schnell und ergab sich. Bis zuletzt hatte sie auf ein „Quorum“ als Kompromiss gehofft. Das hätte geheißen: Gelingt es nicht, im ersten Wahlgang 40 Prozent der Frauen in Position zu bringen, gelten für den zweiten Durchlauf keinerlei Vorgaben mehr. Eine Quote light also. Die große Schwester CDU hat ein solches Quorum schon vor 14 Jahren eingeführt und ihren Frauenanteil von unter 20 auf über 33 Prozent erhöht. Aber nichtmal das wollten die CSU-Männer den Frauen zugestehen. Ihr Argument: Dann müsse immer zwei Mal gewählt werden. Das sei nicht praktikabel.

Führende CSU-Politikerinnen wie Vize-Parteichefin und Justizministerin Beate Merk, Sozialministerin Christine Haderthauer, Landtagspräsidentin Barbara Stamm und Bundestagsvizepräsidentin Gerda Hasselfeldt hatten die Frauen- Quote in ihrer Partei gefordert. Die Hanns-Seidel-Stiftung, auf deren Rat die CSU sonst so hört, hatte extra noch ein Expertenhearing veranstaltet. Dort appellierte der Präsident der Leibnitz-Gemeinschaft, ein Zusammenschluss deutscher Forschungsinstitute, Professor Ernst Rietschel, an die Partei: „Die Einführung der Quote ist die sicherste Maßnahme, um schnellstmöglich Geschlechtergerechtigkeit herbeizuführen.“ Aber genau das wollen die CSU Männer ja nicht.

Angela Böhm

Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
0 Kommentare
Bitte beachten Sie, dass die Kommentarfunktion unserer Artikel nur 72 Stunden nach Veröffentlichung zur Verfügung steht.
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.