Edmund Stoiber: Die eiskalte Rache des blonden Fallbeils
MUENCHEN - Beim großen Hauen und Stechen in der CSU mischen viele mit, ein Mann aber zieht fleißig die Fäden: Der ehemalige Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber bringt sich nicht nur als "Ehrenspielführer" mit ein, sondern drischt sehr wohl auch den ein oder anderen Pass in die Tiefe, den andere nur noch versenken müssen - wie gestern in der CSU-Landtagsfraktion.
Plötzlich ist er wieder da. Mitten im CSUnami sieht man ihn mit wichtiger Miene telefonieren, mit Vertrauten wispern, die Stirn in Falten ziehen, mit den Augen rollen – Edmund Stoibers ganze Körpersprache verrät: Hier steht nicht nur ein „Ehrenspielführer, der sich „ein Stück mit einbringen will“, wie Stoiber beteuert.
Hier steht ein rachsüchtiger Alphapolitiker, ein Schattenmann, der aus dem Hintergrund die Fäden. Hier steht der alte, abgesetzte Monarch, der genießt, wie seine getreuen Vasallen die eigenen Königsmörder von der Bühne jagen.
Rückblende: Schon im Wahlkampf macht Stoiber überdeutlich, was er vom Tandem Beckstein/Huber hält – nichts. Bei seinem großen Bierzeltauftritt in Freising ruft er unter dem Jubel von 4000 Anhängern: „Jetzt ist wieder das Original da, der echte Stoiber!“ Und verhöhnt seine Nachfolger als „Erwin Huber und äh, äh Günther Beckstein“.
Die Konter-Revolution aus der Wagmüllerstraße
Vier Tage vor der Wahl erschien die AZ dann mit der Schlagzeile „Vorsicht CSU! Stoiber plant den Umsturz“: Der Altministerpräsident habe für den Fall einer Wahlniederlage bereits den „Plan B“ für die „Konter-Revolution“ in der Tasche: „Seehofer soll Erwin Huber ablösen.“ Von seinem Exil in der Wagmüllerstraße aus, meldet die AZ, telefoniere Stoiber sogar mit Todfeinden wie Theo Waigel, um den Weg freizumachen für Seehofer als CSU-Chef.
Dann kommt der für die CSU desaströse Wahlsonntag, es ist Stoibers 67.Geburstag. Das Ergebnis habe ihm den Tag verhagelt, berichtet Stoiber am Montag mit Unschuldsmiene. Und lässt sich schnurstracks zum Gut Keferloh fahren, zur Krisensitzung des Bezirks Oberbayern. Seehofer ist auch da, die Stimmung ist miserabel. Beckstein und Huber müssen weg, und zwar subito, ist sich die Runde einig. Bezirkschef Siegfried Schneider solle den beiden „die Pistole auf den Tisch legen“.
Der Ehrenspielführer sitzt da, schweigt - und genießt
Am Dienstag dann tritt Erwin Huber zurück. Aus Stoibers Sicht: endlich. Jetzt kann Seehofer wie geplant die Landesleitung kapern. Nur Beckstein ziert sich noch. Ober- und Niederbayern erhöhen den Druck, sogar Stoiber-Spezl Thomas Goppel bringt sich für das Amt des Ministerpräsidenten ins Gespräch.
Am Dienstag schließlich gibt Beckstein zermürbt auf. Unter den Mitgliedern der neuen CSU-Landtagsfraktion sitzt, wie selbstverständlich, der dem Landtag gar nicht mehr angehörende Edmund Stoiber. Der Ehrenspielführer schweigt und genießt. Das Fallbeil, das früher blond war und längst ergraut ist, ist noch immer glänzend geölt.
Markus Jox