Edathy-Affäre: Parteichefs suchen Wege aus Koalitionskrise
In der Affäre um die Kinderpornografie-Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy werden immer neue Einzelheiten bekannt.
Berlin - So hat Edathy in der vergangenen Woche seinen dienstlichen Laptop beim Bundestag als gestohlen gemeldet - mehrere Tage nachdem er sein Mandat niedergelegt und die Staatsanwaltschaft Hannover seine Wohn- und Büroräume durchsucht hatte. Das bestätigte Parlamentssprecher Ernst Hebeker am Montagabend. Die Ermittler in Hannover erfuhren von der Diebstahlsmeldung tagelang nichts.
Lesen Sie hier: AZ-Meinung Nach Friedrich-Rücktritt: Krise vertagt
Der Umgang mit der Affäre hat eine schwere Vertrauenskrise in der großen Koalition ausgelöst. Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), SPD-Chef Sigmar Gabriel und der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer wollen sich am Dienstagabend im Kanzleramt treffen, um über die Vorfälle zu reden. Die Union verlangt Antworten auf zahlreiche offene Fragen. Ein ursprünglich geplantes Treffen des Koalitionsausschusses in größerer Runde war wegen der Spannungen zwischen Union und SPD abgesagt worden.
In die Kritik geraten ist vor allem SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Er hatte vergangene Woche öffentlich gemacht, dass der damalige Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) Gabriel im Herbst darüber informiert hatte, dass Edathys Name bei Ermittlungen im Ausland aufgetaucht sei. Friedrich musste daraufhin am Freitag als Bundesagrarminister zurücktreten. Ihm wird nun Geheimnisverrat vorgeworfen.
Lesen Sie hier: Fall Edathy wird zur Regierungskrise Regierungskrise: CSU will Rache an Oppermann
Staatsanwälte prüfen, ob sie Ermittlungen gegen Friedrich einleiten. Geklärt werden soll zunächst, ob die Strafverfolgungsbehörden in Hannover oder in Berlin zuständig ist. Bei den Durchsuchungen in Edathys Räumen hatte die Staatsanwaltschaft Hannover nur wenig Beweismaterial gefunden. Es steht der Vorwurf im Raum, dass der SPD-Politiker frühzeitig über die Ermittlungen informiert war und Beweismittel beiseiteschaffen konnte.
Die CSU verlangt Aufklärung in erster Linie von der SPD. Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt forderte den Koalitionspartner am Montagabend zu einem Signal der guten Zusammenarbeit auf. Durch das Verhalten der SPD-Spitze sei viel Vertrauen zerstört worden, sagte Hasselfeldt nach Teilnehmerangaben in einer Sitzung der Landesgruppe in Berlin.
Nun müsse die SPD Ungereimtheiten aufklären "und uns beweisen, dass ihr an einer vertrauensvollen Zusammenarbeit gelegen ist". In der Sitzung bestimmten die CSU-Abgeordneten Friedrich einstimmig zum Unions-Fraktionsvize im Bundestag.
Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki äußerte starke Zweifel, dass die große Koalition bis 2017 hält. Bei der Regierung sei Feuer unter dem Dach, schon nach zwei Monaten sei das Vertrauen offenkundig zerrüttet, sagte er der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Verglichen hiermit waren die "Gurkentruppen"-Auseinandersetzungen der schwarz-gelben Koalition ein laues Lüftchen", sagte Kubicki.