Easy-Abitur für das G9

MÜNCHEN - Sie können wiederholen und mündlich punkten: Wer 2011 nach 9 Jahren das Gymnasium beendet, hat es leicht – auch der erste G8-Jahrgang wird fertig, der Ansturm an die Unis wird enorm
Der Run auf die Studien- und Ausbildungsplätze ist eröffnet: 2011 macht der erste G8-Jahrgang Abitur – zusammen mit den Schülern des neunjährigen Gymnasiums. Das beschert den G9ern ein „Easy-Abi“ – und stellt den Freistaat vor Probleme:
1. Die Organisation:
Insgesamt 69 200 Schüler sollen die Hochschulreife abgelegen. Bloß wie? Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) versprach gestern, man werde „alle Hebel in Bewegung setzen, um diese Herausforderung zu meistern“. Für beide Gruppen gibt’s eigene Prüfungstermine und -aufgaben: Die Schulzeit der G9-Schüler wird verkürzt. Sie legen von Mitte März bis Mitte April ihre schriftlichen und mündlichen Prüfungen ab. Am 2. Mai 2011 bekommen sie ihr Abizeugnis. Die Schülerinnen und Schüler des G8 legen ihre Prüfung dagegen – wie bisher üblich – zwischen Mitte Mai und Mitte Juni ab. Die Zeugnisse gibt’s für sie am 1. Juli. „Durch diese Entzerrung erhält jede Absolventengruppe eigene Chancen“, sagt Spaenle.
Für die letzten G9-Schüler soll es Sonderregelungen geben – damit möglichst keiner durchfällt. Zum einen will Spaenle zum ersten und wohl auch letzten Mal Wiederholungsprüfungen anbieten. Wer das Abitur beim ersten Mal nicht geschafft hat, kann es ein halbes Jahr später ein zweites Mal probieren.
Zudem wird eine „Günstigkeitsklausel“ bei der Berechnung der Abinote eingeführt. Normalerweise zählen die schriftlichen Prüfungen zu zwei Drittel, die mündliche zu einem Drittel. 2011 aber wird es die Option geben, die mündliche Note stärker zu gewichten. Spaenle:„Das wird für die Schülerinnen und Schüler individuell berechnet, je nachdem was günstiger ist.“ Grund für die großzügigen Sonderregelungen ist, dass durchgefallene G9-Abiturienten nicht mehr wie bisher die 13. Klasse wiederholen können – es gibt sie künftig nicht mehr.
2. Das Studium:
„Der Ansturm auf Bayerns Hochschulen wird entsprechend groß sein“, brachte Spaenle das Problem gestern auf den Punkt. Er spricht von einer „nie dagewesenen“ Situation. Deshalb sollen viele Studiengänge anders als üblich schon zum Sommersemester starten. Das gilt aber nicht für die Numerus-Clausus- Fächer wie Medizin, deren Studenten nach bundesweitem Schlüssel auf die Hochschulen verteilt werden.
Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) kündigte an, er wolle zudem 10 000 neue Studienplätze schaffen. Dabei steht aber ein Konflikt mit Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) bevor, der sparen muss. Heubisch: „Ich gehe frohen Mutes in die Verhandlungen.“
3. Der Arbeitsmarkt:
2011 strömen doppelt so viele Abiturienten wie bisher auf den Arbeitsmarkt. Die 31 800Abiturienten des G8 sind im Vorteil: Sie sind in der Regel 18 Jahre alt – und damit jünger als die 36 400 Absolventen des neunjährigen Gymnasiums, die im Schnitt mit 19 Jahren das Abi in der Tasche haben. Während die Abiturienten klagen, freut sich die Wirtschaft. Sie sieht die Absolventen-Schwemme als Chance – denn in den nächsten Jahren droht ein Fachkräftemangel. Anne Hund