Droht die Privatisierung der Autobahnen?
Experten fürchten, dass das durch die Reform des Länderfinanzausgleiches möglich werden könnte.
Ermöglicht das Gesetzespaket zur Reform des Länderfinanzausgleiches durch die Hintertür auch die Privatisierung des deutschen Autobahnnetzes?
Der Bundestag und Bundesrat haben vergangene Woche mit 13 Grundgesetzänderungen die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern in vielen Feldern auf neue Beine gestellt. Beschlossen wurde dabei auch die Gründung einer Autobahn-GmbH. Union und SPD beteuern, dass das neue Gesetz zahlreiche Schranken gegen eine Privatisierung enthält. Doch Kritiker sind von den Formulierungen nicht überzeugt.
Eine zentrale Infrastrukturgesellschaft soll künftig übernehmen, was bisher Ländersache war: Planung, Bau und Betrieb der Autobahnen und Bundesstraßen in Deutschland. Die Befürworter dieses Modells glauben, dass eine solche Gesellschaft die teils maroden Strecken deutlich schneller und effizienter auf Vordermann bringen kann.
"Der Bundestag hat künftig kaum noch Einfluss"
Kritiker sehen schon allein durch die Überführung der Aufgaben in eine privatrechtliche Gesellschaft große Nachteile. Laura Valentukeviciute von der Organisation "Gemeingut in Bürgerhand" warnt: "Der Bundestag hat künftig kaum noch Einfluss- und Kontrollmöglichkeiten – und die Länder gar keine mehr."
Die Gefahr der Privatisierung sei keineswegs gebannt – komme aber aus einer anderen Richtung. Denn die öffentlich-privaten Partnerschaften (ÖPPs) bleiben auch nach der Grundgesetzänderung weiter möglich, werden aber begrenzt. Auf ganzen Autobahnnetzen sind sie verboten, erlaubt sind aber Einzelprojekte unter 100 Kilometer Länge.
Toni Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag, klagt ebenfalls an: "Union und SPD haben Schlupflöcher zur Privatisierung unserer Autobahnen geschaffen." Die Große Koalition erlaube mit den ÖPPs "eine kostspielige undurchsichtige Beteiligung von Großkonzernen an Bau und Betrieb von Autobahnen."
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