Drei Tote – haben Deutsche geschossen?

KUNDUS - Alptraum in Afghanistan: Zum ersten Mal sind Zivilisten in Zusammenhang mit dem Bundeswehr- Einsatz ums Leben gekommen. Eine Frau und zwei Kinder starben, weil ihre Fahrer an einem Checkpoint nicht anhielten. Die Bundeswehr untersucht, ob deutsche Soldaten oder afghanische Polizisten verantwortlich sind.
Am Ende sind zwei Kinder und eine Frau tot – erschossen möglicherweise von deutschen Soldaten. Was sich unter Beteiligung der deutschen Bundeswehr Donnerstagnacht südöstlich des Bundeswehrstützpunktes von Kundus genau abspielte, ist noch nicht ganz geklärt. Sicher ist nur, dass zwei mit Zivilisten besetzte Fahrzeuge auf einen Checkpoint deutscher Isaf-Soldaten zufuhren. Ein Wagen drehte ab, als die Insassen die Straßensperre bemerkten, auf den zweiten dahinter wurde scharf geschossen.
Noch nicht geklärt ist, ob von Bundeswehrsoldaten oder von ebenfalls anwesenden afghanischen Sicherheitskräften. So oder so, die Bilanz ist grausam: drei Tote und vier weitere verletzte Kinder. Über Alter und Identität der getöteten Zivilisten gibt es bislang keine Informationen.
Noch steht eine offizielle Bestätigung durch das Verteidigungsministerium aus. „Ob deutsche Soldaten die Schüsse abgegeben haben, wird derzeit untersucht“, sagt Ministeriumssprecher Thomas Raabe.
"Die Stimmung ist angespannt"
Es handelt sich um die ersten toten Zivilisten in dem Konflikt unter Beteiligung deutscher Kräfte – vielleicht nicht zufällig nur wenige Tage nach dem Tod eines 29-jähriger Hauptfeldwebels der Bundeswehr bei einem Anschlag der Taliban. „Die Stimmung ist derzeit sehr angespannt, es gibt viele Warnungen vor Sprengstoffanschlägen, auch mit Autos“, so Thomas Raabe. „Das ist nicht sehr erfreulich da unten.“ Schwere Vorwürfe erhob jedenfalls der örtliche Polizeichef Abdul Rahman Aqdash. Zu spiegel.de sagte er, die Deutschen hätten das Feuer eröffnet und von hinten auf das schon im Wegfahren befindliche zweite Auto geschossen.
Aus der Bundeswehr heißt es, die beteiligten Soldaten stünden unter Schock. Offenbar hätten sie in den auf sie zufahrenden Autos eine tödliche Gefahr gesehen. Die Männer seien verzweifelt über den Tod der Zivilisten, unabhängig von der Frage, von dem die Schüsse stammten. „Wer jetzt noch vom ruhigen Norden spricht, der hat keine Ahnung oder ist weltfremd. Es tut mir im Herzen weh, dass es so ist wie es ist“, schreibt ZDF-Reporter Boris Barschow in seinem Afghanistanblog (blog.phoenix.de/afghanistan). Es sei nur eine Frage der Zeit gewesen, bis es zu einem solchen Vorfall komme.
Bundeswehrsoldaten selbst hatten den Vorfall auf einem Internetblog (www.soldatenglueck.de) bereits Donnerstagnacht gemeldet. „Das Fahrzeug hatte sich dem Checkpoint bedrohlich genähert, die afghanischen Insassen haben offenbar auf Haltezeichen und Warnschüsse nicht reagiert“, schreibt Blog-Betreiber Dirk Demel.
Der beim Anschlag am Mittwoch getötete Soldat soll am heutigen Samstag nach Deutschland überführt werden. Am Montag wird dann die Trauerfeier in Saarbrücken stattfinden. Die „Rheinische Post“ berichtete, der bei einer Patrouille getötete Fallschirmjäger sei in einem nur leicht gepanzerten Geländewagen mit der niedrigsten Schutzstufe unterwegs gewesen.