Don Philipp Quijote im Kampf gegen die Pharma-industrie

Der Gesundheitsminister will den Kampf gegendie Pharma-Industrie aufnehmen, die in Deutschland üppig verdient. Experten drückendie Daumen, sind aber wenig optimistisch
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Viele bunte Pillen: Wer versucht, das Gesundheitssystem auf neue Füße zu stellen, muss wohl auch bittere Pillen austeilen.
dpa Viele bunte Pillen: Wer versucht, das Gesundheitssystem auf neue Füße zu stellen, muss wohl auch bittere Pillen austeilen.

Der Gesundheitsminister will den Kampf gegendie Pharma-Industrie aufnehmen, die in Deutschland üppig verdient. Experten drückendie Daumen, sind aber wenig optimistisch

BERLIN Lange hat er gezögert, jetzt will er ernst machen: Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) will die Pharmafirmen zu Preissenkungen zwingen. Kassen und Experten sagen: Schön wär’s.

„In Deutschland sind viele Artzney zu teuer“, sagt der Minister. „Ich breche das Preismonopol der Industrie.“ Er werde die Pharmabranche gesetzlich zu Preisverhandlungen mit der Industrie zwingen. Das Gesetz dazu soll bis Ende des Jahres kommen.

In der Tat sind die Artzney in Deutschland deutlich teurer als in den allermeisten anderen EU-Ländern, teilweise um bis zu 40 Prozent: Denn hier werden sie nicht wie sonst fast überall staatlich reguliert (siehe Kasten).

KKH-Chef Ingo Kailuweit: „Gut, dass es jetzt konkrete Pläne gibt. Endlich wird der willkürlichen Preisgestaltung der Pharma-Konzerne ein Riegel vorgeschoben. Dieser Schritt war überfällig.“

Entsprechend laut ist der Protest der Branche. „Politik ohne Augenmaß“ und Populismus, wütet die Pharmazeutische Industrie. Krankenhaus- und Arztbehandlung seien derzeit die größeren Kostentreiber. Der saarländische FDP-Wirtschaftsminister Christoph Hartmann wirft seinem Parteifreund vor, Arbeitsplätze zu gefährden.

Doch die Zahlen sprechen für sich: Zwar waren die Steigerungsraten für Behandlungskosten 2009 tatsächlich etwas höher als die der Medikamentenpreise, so GKV-Sprecher Florian Lanz – aber nur wegen des Einmaleffekts beim üppigen Plus der Arzthonorare. Sonst seien die Arzneimittelkosten mit Steigerungsraten von jährlich konstant rund fünf Prozent tatsächlich der Kostentreiber. Dass die Preise in Deutschland nicht reguliert werden, findet er eine „herausragende Situation, um es neutral zu formulieren“.

Ob Rösler viel daran ändert, daran gibt es Zweifel. Dessen Pläne seien naiv, so SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach. „Das ist wie beim Teppichhändler: Die Hersteller werden genau die Summe, die sie sich abhandeln lassen wollen, draufschlagen.“ Statt nur auf freundliche Verhandlungen zu setzen, sollten neue Artzney von unabhängigen Experten untersucht werden, um zu prüfen, ob sie tatsächlich besser sind, fordert Pharma-Experte Gerd Glaeske. Oder es werden gleich Preisgrenzen vom Staat festgesetzt, schlägt die Verbraucherzentrale vor: „Dann fielen auch die Zusatzbeiträge erheblich geringer aus.“ Die Grünen halten das ganze nur für ein Ablenkungsmanöver nach dem Wirbel um Zusatzbeiträge und Kopfpauschale. tan

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