Dobrindt im Hurrikan

MÜNCHEN/BERLIN/TAMPA - Das hatte sich CSU-General Alexander Dobrindt schön ausgedacht: Wenn sich in Berlin der Sturm der Empörung über seine markigen Worten gegen Griechenland aufbaut, ist er schon weit weg über dem großen Teich – in Florida, auf der Krönungsmesse von Mitt Romney. Doch mit Windstille wars auch dort nichts. Hurrikan „Isaac“ verweht den Konvent der Konservativen, an dem Dobrindt teilnimmt. Und auch die Ausläufer des Berliner Tiefs verschonen ihn nicht.
In der CSU-Zentrale war hektische Krisenstimmung. Bayerns FDP-Chefin und Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte CSU-Chef Horst Seehofer aufgefordert, Dobrindt in die Schranken zu weisen und sich klar zum Europakurs der schwarz-gelben Regierung zu bekennen: „Europa ist viel zu wertvoll, als dass es durch populistisches Gequatsche gefährdet werden darf.“
Mehr als drei Stunden brauchte Seehofer, um sich schließlich eine Erklärung abzuringen und einzulenken: „Der Kurs von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die notwendigen Entscheidungen zu Euro-Hilfen jeweils Schritt für Schritt in Abwägung unserer gemeinsamen Verantwortung für Europa und der Verantwortung für Deutschland zu treffen, hat sich bislang als goldrichtig erwiesen und hat die volle Unterstützung meiner Partei“, ließ er am späten Nachmittag schriftlich mitteilen. „Meine Partei steht für eine Politik der Solidarität in Europa gleichermaßen wie der Verantwortung für Deutschland. Wir betreiben keine Politik gegen Staaten oder einzelne Personen.“
Der Stammtischkaspar
Das geforderte Machtwort gegen Dobrindt aber fiel eher als schamhafte Verteidigung aus: „Mein Generalsekretär hat deshalb auch für den Fall, dass es Griechenland nicht gelingen sollte, seine Verpflichtungen einzuhalten, auf die Notwendigkeit von Wirtschaftshilfen für das Land hingewiesen.“
Während Bundeskanzlerin Angela Merkel am Wochenende erklärt hatte, alle Regierungsparteien wollen, dass Griechenland in der Euro-Zone bleibt, verkündete Dobrindt, an einem Ausscheiden führe kein Weg vorbei.
„Stammtischkasper“, tituliert ihn SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles und forderte, dass Dobrindts „Zündeln am europäischen Haus“ dringend unterbunden werden müsse. Seine eigenen Leute werfen ihm „provinzielles Gemeckere“ vor. „Es ist ein Stück Absurdistan zu glauben, dass Griechenland mit der Drachme schneller auf die Füße kommt“, giftet Landesgruppen-Vize Max Straubinger. Hessens Ministerpräsident und CDU-Vize Volker Buffier warnt: „Die Sache ist schwierig genug, sie wird nicht dadurch besser, dass jeder jeden Tag einen Hammer loslässt.“
"Bis dahin sollten sich alle mäßigen"
Die AZ sprach mit Markus Ferber, Chef der CSU-Abgeordneten im EU-Parlament, über die Vorwürfe gegen Griechenland
AZ: Herr Ferber, will die CSU Griechenland aus der Eurozone rauswerfen?
MARKUS FERBER: Niemand kann ein Land aus der Eurozone rauswerfen. Es geht darum, dass alle Länder die gemeinsamen Verpflichtungen einhalten.
Ihre Partei aber erweckt den Eindruck, als könne ihr die Rückkehr der Drachme nicht schnell genug gehen.
Wir sind uns einig, dass der Bericht der Troika abgewartet werden muss. Das sollten wir mit Gelassenheit tun. Dann können wir Schlussfolgerungen ziehen. Bis dahin sollten sich alle mäßigen.
Während sich Ihre Parteifreunde Söder und Dobrindt beim Griechenland-Mobbing übertrumpfen, fordern Sie, Deutschland solle den Hellenen auf die Beine helfen. Wie passt das?
Griechenland hat vier Jahre Rezession hinter sich und braucht dringend wirtschaftlich einen stabilen Boden unter den Füßen. Deswegen müssen wir mithelfen, dass private Investoren für einen Wiederaufbau sorgen. Im Bereich der Verwaltung könnte Deutschland Hilfestellung leisten. Das kostet nichts, sichert aber die deutschen Verpflichtungen in Griechenland ab.
Würde Griechenland mit der Drachme schneller auf die Beine kommen?
Das Gegenteil wäre der Fall. Das Land würde in eine noch größere Rezession verfallen und unregierbar werden.
Premier Samaras sagt, im EU-Parlament habe er im Haushaltsausschuss unter Ihnen gearbeitet. Wie schätzen Sie ihn ein?
Wir kennen uns sehr gut, haben als Abgeordnete sehr intensiv und gut zusammengearbeitet. Ich konnte mir letzte Woche in Athen persönlich den Eindruck verschaffen, dass es Samaras mit seinen Reformen ernst meint. Das heißt nicht neues Geld, sondern Ruhe, dass er seine Arbeit erledigen kann.
Nutzt die CSU die Lage Griechenlands für ihren Wahlkampf aus?
Es geht nicht darum eine Lage auszunutzen, sondern dafür zu sorgen, dass der Euro dauerhaft eine stabile Währung ist. Dazu ist die CSU ganz besonders verpflichtet.
Sie waren auf dem Heiligen Berg Athos ...
Dort spürt man keine weltlichen Dinge. Das hat mir persönlich sehr gut getan.
Würden Sie Dobrindt zu ein paar Tagen auf dem Heiligen Berg raten?
Grundsätzlich ist der für jeden geeignet, der mit gläubigen Herzen dieses schöne Fleckchen Erde betritt. Deshalb kann ich nur jedem empfehlen, sich für ein paar Tage in diese Gelassenheit und Kontemplation fallen zu lassen.