Diktator Kim Jong-un: Er bleibt verschwunden

Ist er krank, untergetaucht oder gar tot? - Wochenlang schon herrscht Rätselraten um Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un. Am Freitag fehlte Kim auch bei einem der wichtigsten offiziellen Termine im Land.
von  dpa, AP
Kim Jong-un beobachtet im Juli 2014 eine Übung des nordkoreanischen Militärs.
Kim Jong-un beobachtet im Juli 2014 eine Übung des nordkoreanischen Militärs. © dpa

Seoul - Der nordkoreanische Staatschef Kim Chongun lässt offenbar erneut einen Auftritt in der Öffentlichkeit ausfallen und nährt damit Spekulationen über seinen Gesundheitszustand. Zum ersten Mal seit drei Jahren stand der 31-Jährige nicht auf einer Liste von Ehrengästen zum Jahrestag der Gründung der Arbeiterpartei, der am Freitag gefeiert werden sollte.

Kim wurde bereits seit über einem Monat nicht mehr in der Öffentlichkeit gesehen. Zuletzt kam er am 3. September humpelnd zu einem Konzert. Auf einer offiziellen Liste werden zu der Feier zum 69. Jahrestag hochrangige Regierungs-, Militär- und Parteivertreter aufgeführt, nicht aber Kim. Ein Korb mit Blumen mit dem Namen Kims sei vor die Statuen seines Vaters und Großvaters gestellt worden, die beide ebenfalls Nordkorea geführt hatten.

Kims Abwesenheit in den vergangenen sechs Wochen verbunden mit Andeutungen nordkoreanischer Medien über eine Krankheit hatten auch im Ausland die Gerüchteküche in Gang gesetzt. So gab es Vermutungen, es könnte in dem von der Außenwelt abgeschotteten Land nicht rund laufen. Bei einem Überraschungsbesuch zum Abschluss der Asienspiele in Südkorea letzte Woche hatten drei hochrangige nordkoreanische Führer versichert, Kim sei gesund. Aber auch das hatte die Gerüchte nicht zum Verstummen gebracht.

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Im September hatte Kim schon bei einer Parlamentssitzung gefehlt - zum ersten Mal in seiner Amtszeit. Und in dieser Woche war er bei einem Treffen zum Gedenken der Wahl seines verstorbenen Vaters zum Vorsitzenden der kommunistischen Einheitspartei auch nicht dabei. In der Berichterstattung der Medien über die Rückkehr der Athleten von den Asienspielen tauchte er ebenfalls nicht auf - obwohl es eine aufwendige Begrüßungszeremonie für sie gab, als sie in die Hauptstadt zurückkehrten.

Die bislang letzten Bilder zeigen einen übergewichtigen Parteiführer, der durch eine Dachziegelfirma hinkt. Der Kommentar des Staatsfernsehens: "Unser Marschall erhellt dem Volk den Weg wie eine Flamme - trotz seines Unwohlseins." Die Diagnose für Kim übernahmen andere: Vielleicht habe Kim Gicht, meldeten Reporter aus Südkorea. Oder Zucker. Oder Bluthochdruck. Ein britischer Bericht wollte wissen, den Diktator, der einst in der Schweiz zur Schule ging, habe seine große Leidenschaft für Käse außer Gefecht gesetzt.

Eine Schlagzeile in Seoul brachte eine südkoreanische Essgewohnheit als Grund für Kims Unpässlichkeit ins Spiel: zuviel gebratenes Huhn und Bier. Viele sind von der Vorstellung fasziniert, was wohl geschieht, falls Kim tatsächlich ausfallen sollte. Nordkorea verfügt über eine riesige Armee und eine Handvoll Atombomben und entwickelt dafür Trägerraketen, die bis in die USA fliegen sollen. Nominell ist das Land eine stalinistische Volksdemokratie, doch wird es seit seiner Gründung 1948 von einer kommunistischen Familiendynastie regiert. Großvater Kim Il Sung herrschte bis 1994, dessen Sohn Kim Jong Il bis zu seinem Tod Ende 2011. Enkel Kim Chongun hat noch keine erwachsenen Erben. Sollte er regierungsunfähig werden, entstünde ein Machtvakuum.

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