"Diffamierend!" - Türken fühlen sich von Seehofer beleidigt

Die Türkische Gemeinde in Deutschland verlangt von CSU-Chef Horst Seehofer eine Entschuldigung. Bayerns Ministerpräsident hatte am Wochenende einen Zuwanderungsstopp für Türken und Araber gefordert.
von  Abendzeitung
Der Streit um Integration in Deutschland ist neu entfacht.
Der Streit um Integration in Deutschland ist neu entfacht. © dpa

MÜNCHEN - Die Türkische Gemeinde in Deutschland verlangt von CSU-Chef Horst Seehofer eine Entschuldigung. Bayerns Ministerpräsident hatte am Wochenende einen Zuwanderungsstopp für Türken und Araber gefordert.

„Die jüngsten Aussagen Seehofers sind diffamierend und nicht hinnehmbar“, sagte der Vorsitzende Kenan Kolat der „Berliner Zeitung“ (Montag) zur Begründung. Kolat sprach von Stigmatisierung bestimmter Bevölkerungsgruppen und sah darin den Versuch Seehofers, die Integrationsthesen des ausgeschiedenen Bundesbankvorstands Thilo Sarrazin zu übertrumpfen. Aus der CSU kamen unterdessen weitere Forderungen nach einer Begrenzung der Zuwanderung aus fremden Kulturkreisen.

Seehofer hatte gesagt, „dass sich Zuwanderer aus anderen Kulturkreisen wie aus der Türkei und arabischen Ländern insgesamt schwerer tun“ mit der Integration. Daraus ziehe er „den Schluss, dass wir keine zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen brauchen“.

Nicht nur bei der Opposition stieß er damit auf Kritik – auch in den Reihen von CDU und FDP. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), zeigte sich „sehr schockiert“. Der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder (CDU), warf Seehofer vor, am eigentlichen Problem – der schlechten Integration vieler Zuwanderer – vorbeizureden.

Grüne und SPD: "Rechtspopulismus"

Bayerns FDP-Chefin, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, nannte Seehofers Äußerung eine „bewusst vereinfachende populistische Debatte“. Grüne und SPD sprachen von Rechtspopulismus.

Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, sprach sich unterdessen dafür aus, europäischen Fachgruppen Vorrang vor Fachkräften aus anderen Regionen zu geben. „Diese Menschen sind leichter integrierbar in Deutschland als diejenigen, die fremden Kulturkreisen angehören“, sagte er dem „Hamburger Abendblatt“ (Montag). Zugleich verteidigte er den bayerischen Ministerpräsidenten: „Seehofer hat vollkommen recht.“

Horst Seehofer hat die Kritik auch aus der Schwesterpartei CDU an seinen umstrittenen Äußerungen zur Integrationspolitik jetzt zurückgewiesen. Seehofer sagte am Montag in München, er habe nie einen Zuwanderungsstopp für Türken und Araber gefordert. Deshalb sei es abenteuerlich, ihm zu unterstellen, das Asylrecht anzugreifen.

Seehofer fügte hinzu, er habe in dem "Focus"-Interview ausschließlich zu der Frage Stellung genommen, ob zusätzliche ausländische Fachkräfte nach Deutschland kommen sollen. Hier sei er der Ansicht, dass man sich zunächst um die Arbeitslosen in Deutschland kümmern sollte. Auch für die älteren Arbeitnehmer müsse es bessere Beschäftigungsmöglichkeiten geben, damit die Verlängerung der Lebensarbeitszeit nicht eine Rentenkürzung bedeute.

AZ/dapd

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