Diese Lobbyisten gehen im Bundestag ein und aus

Berlin Lange und vehement hatten sich die Unionsfraktionen dagegen gewehrt, ihre Kontakte zu Lobbyisten offenzulegen– am Ende vergeblich. Nun erfährt die Bevölkerung doch, wem CDU und CSU einen Hausausweis und somit Zugang zum Bundestag verschafft hat. Rüstungskonzerne gehören ebenso dazu wie zahlreiche Autobauer.
Diese und weitere Namen stehen auf einer Lobbyisten-Liste, die der Bundestag jetzt öffentlich gemacht hat. Darin werden 470 Verbände, Unternehmen und Organisationen aufgeführt, denen die vier Fraktionen im Bundestag einen Hausausweis bewilligt haben. Insgesamt haben in dieser Legislaturperiode 1111 Interessenvertreter Zugang zum Parlament erhalten.
Mit der Veröffentlichung der Lobbykontakte reagiert die Bundestagsverwaltung auf einen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg vom 20. November, den der „Berliner Tagesspiegel“ mit einer Eilklage erwirkt hatte. Danach kann der Bundestag die Identitäten der Lobbyisten nicht länger geheim halten.
Zuvor hatte bereits die Transparenzorganisation „abgeordnetenwatch.de“ geklagt und im Juni vom Berliner Verwaltungsgericht Recht bekommen. Auf Drängen von Union und SPD ist die Bundestagsverwaltung gegen das Urteil in Berufung gegangen.
„Bürger müssen wissen, wer die Abgeordneten beeinflussen möchte“
„Es ist überfällig, dass die Bundestagsverwaltung die Lobbykontakte der Fraktionen offenlegt“, erklärt „abgeordnetenwatch.de“-Sprecher Roman Ebener. „Dass dafür allerdings mehrere Gerichtsverfahren nötig waren, ist empörend. Die Bürger müssen wissen, welche Lobbyvertreter in den Bundestag ein- und aus gehen und die Abgeordneten beeinflussen möchten.“ Während SPD, Grüne und Linke ihre Lobbykontakte freiwillig preisgegeben hatten, waren die von CDU und CSU bislang ein Geheimnis.
Mit der nun veröffentlichten Liste werde klar, warum. „Denn es zeigt sich, dass CDU und CSU jahrelang Rüstungs- und Autokonzernen sowie der Frackinglobby Zugang zum Bundestag verschafft haben“, so Ebener.
Diese Branchen hätten in den vergangenen Jahren besonders von politischen Entscheidungen profitiert. „Dazu gehören die von der Bundesregierung bewilligten Waffenexporte in Krisenregionen wie den Nahen Osten, ihr Eintreten für niedrige EU-Abgas-Grenzwerte oder der abgeschwächte Gesetzentwurf für ein Frackingverbot,“ erklärt der „abgeordnetenwatch.de“-Sprecher.
Aus der Hausausweis-Liste geht hervor, dass Vertreter der Rüstungsunternehmen EADS, Krauss-Maffei Wegmann, Rheinmetall und ThyssenKrupp AG auf Einwilligung der Union ins Parlament gehen können. Auch Volkswagen, Audi, BMW oder Daimler sowie den Frackingunternehmen ExxonMobil, Wintershall Holding und Shell AG hat die CDU/CSU-Fraktion Zugang verschafft.
„Äußerst bedenklich ist außerdem der Zugang von PR- und Lobbyagenturen, deren Geschäftsmodell es ist, Unternehmen einen Kontakt zu Politikern zu vermitteln,“ sagt Roman Ebener. Dazu zählen Unternehmen wie die EUTOP International GmbH, die WMP EuroCom oder Alber & Geiger. Auch Kuriositäten finden sich in der Liste. So gewährt die CDU dem früheren Koalitionspartner FDP Zugang zum Bundestag, indem sie der Partei einen Hausausweis bewilligte.
Union bewilligte weit mehr als die Hälfte aller Hausausweise
Insgesamt hat die Union seit Beginn der Legislaturperiode 765 Hausausweise an 334 Verbände, Unternehmen und Organisationen verteilt – mehr als doppelt so viel wie die übrigen Bundestagsfraktionen zusammen. Von der SPD erhielten 257 Interessenvertreter Eintritt, von den Grünen waren es 61 und von den Linken 28.