Die Welt blickt gebannt auf Griechenland
Entscheidung in Griechenland: Im Athener Parlament hat die mit Hochspannung erwartete Debatte über das drastische Sparprogramm zur Rettung des Schuldensünders begonnen. Dabei sind die Chancen für eine Annahme des Vorhabens von Ministerpräsident Giorgos Papandreou gestiegen.
Athen - Denn aus den Reihen der regierenden Sozialisten werden möglicherweise weniger Abweichler dagegen stimmen als zunächst erwartet.
Von der Annahme des Sparpakets hängt ab, ob Griechenland weitere internationale Milliardenhilfen erhält und einen drohenden Staatsbankrott abwenden kann. Die Abstimmung wird für den frühen Nachmittag erwartet. Die Sitzung wird begleitet von massiven Streiks und Protesten.
Der sozialistische Abgeordnete Thomas Robopoulos gab im Fernsehen bekannt, dass er seine bisherige Haltung aufgegeben habe und nun doch mit Ja stimmen werde. Sein Fraktionskollege Alexandros Athanassiadis, der ebenfalls zu den potenziellen Abweichlern gezählt wurde, ließ am Mittwoch offen, wie er abstimmen werde. Papandreou verfügt im Parlament über eine Mehrheit von 155 von insgesamt 300 Sitzen.
Die Opposition wird nicht geschlossen gegen das Sparprogramm stimmen. Die Ex-Außenministerin Dora Bakogianni, die sich von der konservativen Nea Dimokratia getrennt hatte, kündigte eine Stimmenthaltung an. Sie ist die Vorsitzende der kleinen Demokratischen Allianz, die im Parlament mit fünf Abgeordneten vertreten ist.
Papandreou will bis 2015 gut 78 Milliarden Euro einsparen. Die Maßnahme ist Voraussetzung für ein neues Hilfspaket im Umfang von bis zu 120 Milliarden Euro, das am kommenden Wochenende von den EU-Finanzministern beschlossen werden soll.
Mit eindringlichen Worten rief die designierte Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, die griechische Opposition zum Schulterschluss mit der Regierung auf. "Die Opposition sollte im Sinne der nationalen Einheit die Regierung unterstützen. Es geht um das Schicksal des Landes", sagte Lagarde den französischen Sendern LCI und TF1 am Mittwoch. Griechenland müsse seiner Verantwortung gerecht werden, fügte sie hinzu.
Weitaus drastischer formulierte es der griechische Notenbankchef Giorgos Provopoulos: Ein Nein der Abgeordneten im Athener Parlament wäre ein "Verbrechen - das Land würde für seinen Selbstmord stimmen", zitierte ihn die "Financial Times" (Mittwoch). Provopoulos kritisierte demnach, dass die schwere Krise seines Landes in den vergangenen Monaten von der Politik heruntergespielt worden sei. "Wir hatten in diesem Land eigentlich keine Debatte darüber, was falsch gelaufen ist", bemängelte der Notenbankchef.
In Athen kam es zu Zusammenstößen zwischen Polizei und Demonstranten. Zufahrtsstraßen zum Parlamentsgebäude wurden abgeriegelt. In der Nacht hatte es dort Straßenschlachten zwischen Autonomen und den Sicherheitskräften gegeben. Nach Angaben der Polizei wurden 42 Gewalttäter festgenommen. Bei den Auseinandersetzungen am Dienstag waren insgesamt mehr als 300 Menschen - überwiegend leicht - verletzt worden, darunter 38 Polizisten.
Die griechischen Gewerkschaften setzten am Mittwoch die am Vortag begonnenen, landesweiten Streiks fort. In Athen fuhren keine Züge und Busse. Auch zahlreiche Fähren waren von der Arbeitsniederlegung betroffen. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie viele Banken wurden ebenfalls bestreikt.
Am deutschen Aktienmarkt sorgte Hoffnung auf eine Entspannung in der Griechenland-Krise vor der Entscheidung in Athen zunächst für deutliche Gewinne. Der Dax legte um 1,11 Prozent auf 7250 Punkte zu. Der Euro hielt sich zunächst knapp unter der Marke von 1,44 US-Dollar. Am Morgen kostete die Gemeinschaftswährung 1,4380 Dollar und damit in etwa so viel wie am Vorabend. Ein Dollar war zuletzt 0,6954 Euro wert. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Dienstagmittag auf 1,4261 (Montag: 1,4205) Dollar festgesetzt.