Die Vergangenheit holt Siemens ein
Vor rund zehn Jahren flog bei Siemens mit einer Großrazzia der größte Korruptionsskandal auf, den die deutsche Wirtschaft bislang erlebt hat. Nun gerät das Münchner Unternehmen im Zusammenhang mit den „Panama Papers“ erneut in die Schlagzeilen. Wie die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet, hat der Skandal um die Offshore-Geschäfte neue pikante Details über die Schmiergeld-Affäre vom November 2006 ans Licht gebracht. Demnach betreute die Kanzlei Mossack Fonseca mehrere Briefkastenfirmen, über die Siemens-Manager schwarze Kassen führten. Auch nach Auffliegen des Siemens-Skandals seien die Firmen weiterhin für private Zwecke genutzt worden.
Das Unternehmen sieht sich als „potenziell Geschädigter“
Damals kam heraus, dass bei Siemens jahrelang über ein System schwarzer Kassen rund 1,3 Milliarden Euro an Schmiergeld geflossen waren.
Im Mittelpunkt der Machenschaften steht nun der frühere Siemens-Manager Hans-Joachim K., der jahrzehntelang für den Elektrokonzern in wichtigen Positionen vor allem in Lateinamerika tätig war. Gegen ihn wurde bereits 2006 ermittelt. Doch weil er den Ermittlern bei der Aufdeckung der Affäre half, ihm Schmiergeld-Zahlungen nicht nachgewiesen weden konnten und er die „vollständige Rückführung“ der noch vorhandenen Schwarzgeld-Millionen ermöglichte, kam K. – abgesehen von einer Geldauflage von 40 000 Euro – straffrei davon.
Allerdings, so schreibt die „SZ“, waren den Ermittlern damals Dinge noch nicht bekannt, die jetzt aus den „Panama Papers“ hervorgingen. Demnach habe der Ex-Manager 2006 nicht alles offengelegt. Er könnte sich sehr wohl persönlich an den Schwarzgeldkonten bedient haben. Außerdem sei nicht das gesamte Geld an Siemens zurückgezahlt worden.
Vor allem brisant: Nachdem K. damals mit der Staatsanwaltschaft gesprochen hatte, hätte sein Kontaktmann bei Mossack Fonseca noch am selben Tag eine interne Rundmail an die Kanzlei geschickt. Darin sei von einer „schlechten Nachricht“ die Rede: Es könne sein, dass die Siemens-Millionen zurück nach Deutschland und die Gelder und der Kunde „Gillard“ verloren gingen.
Bei Gillard handele es sich um eine Briefkastenfirma die, so gehe es aus den „Panama Papers“ hervor, K. und weitere Siemens-Leute gemanagt haben. Sie wurde erst 2007, also nach Bekanntwerden der Schmiergeldaffäre, gegründet. Über die Konten von Gillard seien in der Folge viele Millionen Dollar geflossen, schreibt die „SZ“, die Gründe seien kauml nachvollziehbar.
Außerdem soll sich ein weiterer ehemaliger Siemensianer über eine von Mossack Fonseca betreute Briefkastenfirma von 2009 an nach und nach 630 000 Dollar überweisen lassen haben, heißt es in dem „SZ“-Bericht.
Die Staatsanwaltschaft München I hat angekündigt, die Verwicklungen von Siemens in die Offshore-Geschäften zu prüfen. Es gehe darum herauszufinden, ob verfolgbare Straftaten vorliegen, sagte Oberstaatsanwalt Thomas Steinkraus-Koch.
Das Unternehmen selbst München sieht sich nach den Enthüllungen weiterhin als potenziell Geschädigter und will auch mögliche Ansprüche prüfen. „Sollten sich dadurch neue Erkenntnisse über die Veruntreuung von Geldern ergeben, wird Siemens alle rechtlichen Möglichkeiten ergreifen, um auch diese Ansprüche geltend zu machen“, betonte das Unternehmen.
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