Die Sackgasse Steinbach
BERLIN - Der erste große Konflikt in der Koalition dreht sich um die sendungsbewusste Vertriebenenchefin – Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich selbst eine Falle gestellt. Kommt jetzt ein Deal?
Die Causa Steinbach wird zum ersten großen offenen Konflikt der Koalition: Im Kampf um die Nominierung der sendungsbewussten Vertriebenen-Präsidentin hat sich Schwarz-Gelb tief in eine Sackgasse manövriert, die üblichen Aussitz-Strategien der Kanzlerin scheinen zu versagen. Als neuestes ist nun angeblich ein Deal im Gespräch, den Vertriebenen die Personalie quasi abzukaufen.
Erika Steinbach hält ihre Bedeutung im Weltgeschehen für fundamental: Ob sie den Posten im Rat des Bundeszentrums gegen Vertreibung bekommt, sei „ein Test für die Demokratie“, „wirklich eine Frage der Freiheitsrechte“, sagt Steinbach. Jetzt gehe es um eine „menschenrechtskonforme“ Lösung, die den „Freiheitspostulaten“ entspreche.
Ultimatum bis Weihnachten
Weite Teile von CDU und vor allem CSU stehen dahinter – während die FDP sie partout verhindern will. Schon im Frühjahr gab es Streit über Steinbachs Sitz. Damals stellte sich die SPD quer, weil die Vertriebenen-Chefin unter anderem durch ihr Nein zur Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze als Hindernis für die Aussöhnung mit Polen gilt. Bundeskanzlerin Angela Merkel vertagte das Thema – Wiedervorlage unter einer erhofften schwarz-gelben Regierung.
Doch nun blockiert Guido Westerwelle genauso wie sein SPD-Kollege Steinmeier. Er hat deutlich gemacht, dass er im Kabinett sein Veto einlegen wird. Mit Merkel ist er nur einig, dass vorerst deswegen erst gar nicht abgestimmt wird. Doch Steinbach macht Druck: Sie hat der Regierung bis Weihnachten ein Ultimatum gestellt, sich für sie zu entscheiden – extra so lange, „damit sich diese junge Regierung noch finden kann“, flötet sie.
Westerwelle will nicht mit ihr reden
Außerdem wolle sie mit Westerwelle reden, sagt sie jetzt: „Ich würde mich selbstverständlich von ihm zu einem Treffen einladen lassen.“ Seit seinem Antritt bemühe sie sich um einen Termin. Doch Westerwelle lässt sie abblitzen. Ein Sprecher sagte zwar nicht rundweg Nein, erklärte aber: „Der Minister hat alles zu dem Thema gesagt, was zu sagen war.“ Vor allem die CSU ist empört: Generalsekretär Alexander Dobrindt forderte Westerwelle zu einem Gespräch mit Steinbach als „Signal der Versöhnung“ auf.
Im Hintergrund wird derweil angeblich an einem Deal gearbeitet: Im Gegenzug für einen Verzicht Steinbachs sei eine Belohnung für ihren Verband BdV im Gespräch, so der „Focus“: unter anderem mehr Stellen für andere BdV-Vertreter, mehr Geld als die bisher geplanten 2,5 Millionen Euro. Während Steinbach dies am Samstag kaum dementierte („Die Gerüchteküche brodelt“), erklärte sie am Sonntag: „Wir lassen uns nicht kaufen.“ Gleichzeitig forderte Steinbach Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch zu machen: Sie solle eben ein Machtwort gegen die FDP sprechen.
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