Die Queen soll sich EU-kritisch geäußert haben
Normalerweise kann man über englische Queen publizieren, was man will, weil sich das Königshaus nur in den seltensten Fällen zu einem Dementi hinreißen lässt.
Doch diesmal platzte bei Hofe die Hutschnur. Der Buckingham Palast hat jetzt offiziell Beschwerde eingelegt bei der „Independent Press Standards Organisation“, der Aufsichtsbehörde für die britischen Medien. Der Grund: Das Massenblatt „Sun“ hatte am Mittwoch mit einer Titelseite die Nation aufgescheucht: „Queen unterstützt Brexit“, lautete die Schlagzeile, und der Bericht behauptete, dass englische Queen eindeutig euroskeptische Ansichten hegen würde. Die Beschwerde des Palastes richtete sich gegen die Akkuratheit des Sun-Berichts.
Die „Sun“ positioniert die Queen auf die Seite der EU-Austreter
Darin ist von einem Lunch mit der Queen im Jahre 2011 die Rede, an der neben anderen Gästen auch der damalige Vizepremierminister Nick Clegg teilgenommen hat. Sie soll dem europhilen Clegg nachdrücklich gesagt haben, dass sich die Europäische Union in die falsche Richtung bewegen würde und sich eine ganze Weile über das Thema ausgelassen haben. Die Sun zitiert eine anonym bleibende Quelle: „Für die Leute, die ihre Unterhaltung gehört haben, konnte kein Zweifel aufkommen an der Haltung der Queen über die europäische Integration. Die EU ist eindeutig etwas, worüber Ihre Majestät leidenschaftliche Gefühle hegt.“ Grund für die Sun, die sich in der nationalen Brexit-Debatte eindeutig auf der Seite der Austreter positioniert hat, englische Queen zu einer Mitstreiterin zu erklären.
Nur ein halbes Dement vom Königshaus
Der Buckingham Palast reagiert prompt mit einem halben Dementi. „Die Queen verbleibt politisch neutral, wie das in den letzten 63 Jahren war“, sagt ein Sprecher des Hofes. „Wir werden fadenscheinige, auf anonymen Quellen beruhende Berichte nicht kommentieren. Das Referendum ist eine Sache für das britische Volk.“ Doch eine eindeutige und unmissverständliche Zurückweisung dessen, was englische Queen gesagt haben soll, war das nicht.
Auch Ex-Vizepremier Nick Clegg dementierte nur halb. „Unsinn“, kommentierte er die Sun- Geschichte. „Ich erinnere mich nicht, dass so etwas passiert ist, und ein Ereignis dieser Art würde ich nicht vergessen.“ Dagegen blieb die Sun bei ihrer Geschichte. Laut der ungeschriebenen britischen Verfassung muss der Monarch über dem politischen Tagesgeschäft stehen: Neutralität ist unbedingt geboten.
Wie sensibel die Briten auf royale Meinungsäußerungen reagieren wurde offensichtlich während des Wahlkampfes um das Referendum über die Unabhängigkeit Schottlands im Sommer 2014. Damals sagte englische Queen: „Ich hoffe, die Leute werden sehr sorgfältig über ihre Zukunft nachdenken.“ Das wurde weitgehend so interpretiert, als ob englische Queen vor einem schottischen Alleingang gewarnt habe und stieß auf geharnischte Kritik. Auch die jüngste Vereinnahmung der Queen durch die Sun schlägt hohe Wellen. Denn die Brexit-Debatte wird mit Leidenschaft geführt. Und das Austrittslager reibt sich die Hände, weil man jetzt Elizabeth als heimliche Unterstützerin versteht.