Die Premiere der neuen First Lady

Der bayerische Landtag hat Horst Seehofer zum Ministerpräidenten gewählt. Seine Frau Karin präsentiert sich bei ihrem ersten Auftritt als Landesmutter selbstbewusst und modern.
von  Abendzeitung

Der bayerische Landtag hat Horst Seehofer zum Ministerpräidenten gewählt. Seine Frau Karin präsentiert sich bei ihrem ersten Auftritt als Landesmutter selbstbewusst und modern.

Bei der Krönung zum bayerischen Ministerpräsidenten stiehlt Horst Seehofer eine Frau die Show. Seine eigene. Karin (50) hat ihren ersten Auftritt. Auch wenn sie dabei kokettiert: „Ich bin noch ganz unbedarft.“ Doch das nimmt ihr an diesem Tag keiner so recht ab. Selbstbewusst und topmodisch tritt sie auf, geht keiner Kamera aus dem Weg, als wolle sie allen demonstrieren: Für die Bayern bin jetzt ICH die First Lady. Das zeigt sie mit jedem Schritt. Mit jeder Geste. Mit jedem Wort. Horst Seehofer ist eifersüchtig. „Kannst du mal deine Interviews beenden und mit mir gehen?“, kommandiert er. Und fragt: „Wirst jetzt heute du Ministerpräsident oder ich?“

Auf Augenhöhe schreitet sie mit dem neuen bayerischen Ministerpräsidenten in den Landtag. Flankiert von Sohn Andreas (20), dem Banklehrling, und Tochter Susanne (17), der Gymnasiastin. Ulrike, die Älteste, hat ein Stipendium in Dänemark und konnte nicht kommen.

"Ich habe mehrere Dirndl", sagt sie

Es ist, als habe Karin Seehofer sich ihr persönliches Drehbuch für diesen Tag ganz genau überlegt. Ein bisschen wie nach dem Film „Sex And The City“. Dort trägt Hauptdarstellerin Sarah Jessica Parker ein ähnliches Kostüm. Die neue Trendfarbe Grau hat Karin Seehofer gewählt. Ein enges körperbetontes Flanellkleid mit Kostümjacke. Die Wespentaille mit einem breiten Flanellband betont, das hinten mit einem auffallenden Knoten gebunden ist. Extra für diesen großen Tag hat sie das Outfit anfertigen lassen. Von der Designerin Beate Bonk, die mit ihrem Laden in der Milchstraße als modischste Adresse Ingolstadts gilt. Dazu trägt sie die neuesten Highheels in einem helleren Grau. Vorne rund wie ein Kuchen, hinten die Blockabsätze wie Wolkenkratzer. Karin Seehofer weiß, dass auch das Auge mitspeist.

Morgens war sie noch beim Friseur. Ihre Haare glänzen dunkelblond mit zarten hellen Strähnen. Die Spitzen sind locker nach außen geföhnt. Make-up hat sie aufgelegt. Dezent in Pastellfarben. Sogar die Fingernägel sind French manikürt. Dabei hat ihr Mann doch schon vorsorglich angekündigt, mit einem Seitenhieb auf Karin Stoiber: „Meine Frau wird als First Lady keine Modenschau laufen.“

Sie sieht das offensichtlich anders. Als sie gefragt wird, ob sie auch Escada im Schrank hat wie ihre Vorvorgängerin Karin Stoiber, mischt sich gleich Tochter Susanne (17) ein, verzieht das Gesicht: „Nein.“ Beim Dirndl grinsen Mutter und Tochter: „Da hab’ ich mehrere“, sagt Karin Seehofer. Und dann folgt immer wieder der gleiche Satz: „Ich fühle mich sehr gut.“ Dieser Tag ist ihr persönlicher Sieg.

Tennis spielen sie nie miteinander

Er macht die „problematischen Familienverhältnisse“, wie Horst Seehofer sie nennt, fast vergessen. Im Landratsamt Eichstätt lernte Seehofer seine zweite Frau kennen. Er war Beamter, sie Verwaltungsangestellte. Weihnachten 1985 haben sie geheiratet. Drei Kinder kamen. Karin managte die Familie, er war in Berlin. Dort lernte er vor ein paar Jahren Annette Fröhlich kennen und lieben. Drei Jahre waren sie ein heimliches Paar. Bis Tochter Anna-Felicia im Sommer 2007 geboren wurde. Karin lebte all die Jahre ihr eigenes Leben. Sie hat ihren eigenen Freundeskreis, mit dem er kaum etwas zu tun hat.

„Auf Außenstehende wirkt das Ehepaar Seehofer als kühle Zweckgemeinschaft“, schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ vor ein paar Wochen. „Die nun im Dienst Bayerns auftreten muss.“ Sie als First Lady. Und zwei Sätze, die jeder im Landtag inzwischen zitiert: „Sie spielt regelmäßig Tennis, er greift ebenfalls gerne zum Schläger. Aber miteinander spielen sie nie.“

Es ist ein anstrengender Tag für ihn. 8.30 Uhr, Berlin: Entlassung als Bundesagrarminister durch Horst Köhler. 11.45 Uhr, München: Unterzeichnung der Koalitionsvereinbarung im Senatssaal mit Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. 13 Uhr, Plenum: Vereidigung als bayerischer Ministerpräsident von Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Danch die Übernahme der Staatskanzlei. Sein graues Haar sitzt immer noch.

Oben auf der Zuschauertribüne muss er neben Karin und den Kindern sitzen, während sich unten die Abgeordneten einen Schlagabtausch über seine Wahl liefern. „Ein Reservekandidat muss von der Zuschauertribüne heruntergeholt werden“, weidet Oppositionschef Franz Maget die Situation genüsslich aus. „Erstmals wird Bayern einen Ministerpräsidenten haben, der dem Parlament nicht angehört, der vom Bürger nicht gewählt werden konnte. Der an keiner Abstimmung teilnehmen darf.“ Grünen-Chef Sepp Daxenberger lästert: „Vorher hat die CSU Knoblauch aus dem Landtagsfenster gehängt, wenn Seehofer nur in der Nähe war. Was hat sich jetzt eigentlich geändert?“ Die First Lady amüsiert sich über das, was da unten passiert.

Mit 104 Stimmen wird Seehofer um 14.15 Uhr zum Ministerpräsidenten gewählt. Vier Stimmen fehlen. FDP und CSU haben zusammen 108 Sitze. „Frau Präsidentin, ich nehme die Wahl an“, sagt er. „Ich bin glücklich“, strahlt die First Lady. „Aber jetzt ist mein Mann dran.“ Dann kommen ihr die Tränen. Seehofer setzt sich auf seinen Thron: „Das ist fraglos für mich der Höhepunkt meiner politischen Laufbahn. Ein bewegender Augenblick.“ Dann gehen sie in den Konferenzsaal. Eine zärtliche Berührung gibt es nicht. Dort ist Sekt angerichtet. Ein historischer Ort: Günther Beckstein ist hier am 1. Oktober zurückgetreten. Seehofer sagt: „Wir haben einen Apfelsaft getrunken.“

Angela Böhm

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