Die Not-Adoption läuft

BERLIN - Die Regierung steigt bei der Pleitebank HRE ein. Die vollständige Enteignung soll baldmöglichst folgen – es wird ein Wettlauf mit der Zeit
Die Enteignung hat begonnen: In einem ersten Schritt zur Verstaatlichung steigt der Bund nun bei der Hypo Real Estate ein. Nach der entscheidenden Aufsichtsratssitzung teilte die HRE am Samstag mit, dass der Bund zunächst für 60 Millionen Euro Anteile erwirbt und sich so eine Beteiligung von 8,7 Prozent sichert. Der Bankenrettungsfonds SoFFin und das Finanzministerium machten am Sonntag deutlich, dass sie die „vollständige Übernahme“ anstreben. Das entsprechende Gesetz soll noch diese Woche verabschiedet werden, so das Finanzministerium.
Für den angeschlagenen Immobilienfinanzierer ist es ein Wettlauf mit der Zeit. Am Wochenende musste die HRE für 2008 einen Verlust von 5,46 Milliarden Euro bekanntgeben – so viel hat keine andere deutsche Firma verloren. Bis morgen muss das rote Zahlenwerk bei der Bankenaufsicht vorliegen. HRE-Chef Axel Wieandt gab gestern schon bekannt, dass seine Bank eine weitere Kapitalspritze vom Staat braucht. Fällt die Kernkapitalquote einer Bank unter vier Prozent, müsste die Bankenaufsicht sie laut Gesetz dichtmachen. „Wie viel wir brauchen, kann ich noch nicht sagen.“ Die Rede ist von zehn Milliarden.
Ein Fass ohne Boden: Jede Woche werden Millionen verbrannt
Ohne die bereits gewährten Kreditgarantien von 87 Milliarden Euro wäre die HRE längst pleite. Wieandt: „Die Rettung der HRE muss gelingen, in unser aller Interesse.“ Für den Einstieg des Staates sei er „sehr dankbar“, so der Bankchef. Mindestens für zwei Jahre sei „mit Verlustsituationen zu rechnen“.
Jede Woche verbrennt die HRE riesige Summen (an Steuergeld) – um davon zu retten, was zu retten ist, will Finanzminister Steinbrück die Bank so schnell wie möglich verstaatlichen. Doch es gibt noch Hürden: Im Bundestag dürfte das Enteignungsgesetz durchgehen, am Freitag im Bundesrat wird es aber schwierig. Mehrere Länder, darunter Bayern, drohen mit der Anrufung des Vermittlungsausschusses – sie wollen ihre Zustimmung von Erleichterungen für die Landesbanken abhängig machen. Der Vermittlungsausschuss würde in Sachen HRE aber wertvolle Zeit kosten. Der CDU-Abgeordnete Jochen Fromme sagte, er finde es „unappetitlich, dass die Länder die Zeitnot ausnutzen, um den Bund zu erpressen“.
US-Investor soll enteignet werden
Laut SoFFin ist die Lage bei der HRE „sehr ernst“. Die Bundesbank warnt, ein Zusammenbruch hätte noch schlimmere Folgen als der von Lehman Brothers.
Die Enteignungspläne richten sich vor allem gegen den US-Investor Christopher Flowers, der bisher 24 Prozent gehalten hat. Mit dem Einstieg des Bundes über neu ausgegebene Aktien sinkt nun dessen Anteil. Flowers hatte sich eingekauft, als die Aktien 22,50 Euro pro Stück kosteten. Nach den Enteignungsplänen der Regierung bekäme er den Marktwert von aktuell 1,14 Euro. Er will seine Anteile unbedingt halten – in der Hoffnung, dass der Staat die HRE wieder aufpäppeln kann und er dann profitiert.
tan