Die neue Nähe

Sehnsucht nach der Mitte, Abschied von den Lagern: AZ-Politredakteurin Anja Timmermann über die Parteienlandschaft
von  Anja Timmermann

Sehnsucht nach der Mitte, Abschied von den Lagern: AZ-Politredakteurin Anja Timmermann über die Parteienlandschaft

Die Grenzen verschwimmen. Neulich hatte die FDP mal erklärt, außer ihr seien nur noch sozialdemokratische Parteien im Rennen. Die Schlussfolgerung, sie sei somit die einzige Alternative und stünde also vor einem neuen Aufschwung, ist zwar eher putzig angesichts ihres Zustandes. Aber die Analyse ist nicht ganz falsch: Die Unterschiede werden in der Tat immer blasser.

Joachim Gauck, der selbsternannte „linke Konservative“, wird von einem Allparteien-Bündnis ins höchste Staatsamt gehoben. Winfried Kretschmann, der erste grüne Ministerpräsident, ist so bodenständig und katholisch, dass die örtliche CDU gar nimmer weiß, was sie gegen ihn tun soll. Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) und Heiko Maas (SPD) werden im Saarland eine große Koalition eingehen: eine erklärtermaßen echte Wunschehe. Politisch passt zwischen die beiden kein Blatt Papier: modern, mittig, unideologisch.

Offensichtlich wird damit auch eine Sehnsucht in diesem Land bedient: Haudraufs jeglicher Lager kriegen nicht wirklich einen Fuß auf den Boden, selbst wenn das bei der zunehmenden Verwechselbarkeit der großen Blöcke nahe läge. Aus diesem Muster fallen nur zwei Parteien raus: die CSU in Bayern, die mit Herdprämie und anderem die konservative Karte spielt – mal sehen, wie lange sie noch Erfolg damit hat. Und die Piraten, die sich bewusst absetzen wollen: In ihren Prozeduren haben sie etwas durchaus Erfrischendes – was sie eigentlich wollen, müssen sie noch sortieren.

 

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