Die neue Front: Der Jemen rückt ins Visier

WASHINGTON - Die Heimat von Osama bin Laden dient immer mehr als Basis für El-Kaida. Ein hoher US-General verhandelt in Sanaa bereits über geeignete Ziele für gemeinsame Angriffe
Der nächste Schauplatz: Die USA und Großbritannien rücken den Jemen immer stärker in den Fokus ihres Anti-Terror-Kampfes. Der wichtigste US-General war gestern vor Ort, angeblich werden bereits gemeinsam mit der jemenitischen Regierung Angriffsziele ausgewählt.
Der gesamte Golf von Aden, also der Jemen und das gegenüberliegende Somalia, gerät zunehmend unter den Einfluss von El-Kaida. In Somalia gibt es eine schwache Übergangsregierung, die aber nur einige Straßenzüge der Hauptstadt Mogadischu kontrolliert – der Rest des Landes ist in der Hand von Islamisten, unter anderem der Shahaab-Milizen. Diese haben bereits angekündigt, ihre Kämpfer würden den Golf von Aden überqueren und an der Seite von El-Kaida im Jemen gegen die „Feinde Allahs“ in den Krieg ziehen.
Im Jemen dagegen gibt es zwar eine echte Regierung. Doch die Islamisten dehnen ihren Einfluss in der Heimat von Osama bin Laden immer mehr aus, „viel stärker als in anderen Ländern“, sagt auch Uno-Experte Richard Barrett. Zum einen wird der Jemen seit dem verstärkten Druck auf Pakistan und Afghanistan ein immer beliebteres Rückzugs- und Ausbildungsgebiet für El-Kaida und andere Radikale. Zum anderen schwelen seit der Wiedervereinigung des konservativ-religiösen Nord-Jemens mit dem kommunistisch-atheistischen Süd-Jemen ohnehin immer wieder aufbrechende ideologische Konflikte in dem Land. Dagegen will Sanaa jetzt zusammen mit Amerikanern und Briten härter vorgehen: „Der Jemen wird niemals Terroristen und Dschihadisten auf seinem Boden tolerieren“, sagte Außenminister Abu Bakr el-Kirbi nach einem Besuch von US-General David Petraeus in Sanaa – der US-Oberkommandierende für Asien und Nahost. Passenderweise musste ausgerechnet gestern die US-Botschaft in Sanaa wegen einer Terrordrohung schließen, ebenso die britische.
Die Planungen sind bereits sehr konkret. Laut CNN hat es sogar schon erste Angriffe auf mutmaßliche El-Kaida-Stellungen gegeben – und zwar unter US-Führung. Derzeit beraten amerikanische und jemenitische Militärs, welche Ziele sich für Angriffe eignen.
Außerdem soll die Küstenwache verstärkt werden, um somalische Eindringlinge abzuwehren. London und Washington planen darüber hinaus, eine Art Spezial-Anti-Terror-Einheit in den Jemen zu schicken; außerdem wollen beide Länder ihre Militärhilfe für den Jemen aufstocken. Am 28. Januar soll am Rande der Afghanistan-Konferenz ein Jemen-Gipfel stattfinden, wo es um weitere Maßnahmen geht, etwa auch Stabilisierungstruppen in Somalia.
Der verhinderte Attentäter von Detroit, der Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab, sagte den Ermittlern, dass er im Jemen ausgebildet und instruiert worden war. Obama macht nun ausdrücklich El-Kaida Jemen für den Anschlag verantwortlich. Unterdessen wurde bekannt, dass der britische Geheimdienst Abdulmutallab schon beim Studium im Visier hatte. Doch offenbar wurde er unterschätzt. Die Informationen wurden nicht an die USA weitergegeben.