Die Krise in der Ukraine: Europas Kampf
Die Menschen in der Ukraine riskieren ihr Leben für Europa. Der Chefreporter Matthias Maus über die Lehren für uns.
Menschen werden verschleppt, verprügelt, in der Kälte ausgesetzt, getötet. Was in der Ukraine passiert, das hat mit Folklore nichts zu tun. Es ist bitterernst, es ist keineswegs überstanden, und es geht – um Europa. Während hier, in der Mitte der satten EU, jeder Populist mit Anti-EU-Polemik Beifall ernten kann, setzen die Demonstranten ihr Leben aufs Spiel für eine Idee. Diese Idee hat zu tun mit freier Persönlichkeitsentfaltung, mit Möglichkeiten, mit Freiheit.
Diese Idee sehen die Menschen des Maidan im Westen verwirklicht, bei der EU – und nicht im Osten. Ginge es ihnen nur um Wohlstand, was auch gerne unterstellt wird, dann würden sich die Demonstranten mit Putins Milliardenspritzen und billigem Gas zufrieden geben. Aber das ist für sie keine Option.
Der Schriftsteller Juri Andruchowitsch schreibt von der „Revolution der Jugend“: „Die junge Generation, in der postsowjetischen Zeit aufgewachsen, akzeptiert keine Diktatur.“ Ein ganze Generation hat eine Ahnung davon bekommen, wie viel menschenwürdiger und sinnvoller ein Leben mit den Chancen der Demokratie ist. Um diese Chancen kämpfen die Menschen in Kiew und Lwiw. Jetzt haben sie einen Etappensieg errungen. Mehr nicht. Nochmal der Schriftsteller Andruchowitsch: „Wenn die Diktatur siegt, muss Europa mit einem Nordkorea an seiner Ostgrenze rechnen – und mit fünf bis zehn Millionen Flüchtlingen.“