„Die haben’s geschluckt“
Der – tote – Haider spottet über die dummen Bayern im Gau um die HGAA. Und die wollen sich jetzt zurückholen, was, wo und bei wem es geht. Doch das Stoiber-Lager will nicht tatenlos zusehen
MÜNCHEN Jetzt werden die harten Bandagen ausgepackt: Das Finanzministerium und die aktuelle CSU-Spitze wollen sich im Gau um die Hypo Alpe Adria jetzt zurückholen, was geht – über Schadenersatz. Doch das Stoiber-Lager, das den Kauf der Pleite-Bank betrieben hat, will nicht tatenlos zusehen – und schlägt zurück.
Eine Ankündigung von Finanzminister Georg Fahrenschon (CSU) in der SZ, man prüfe eine Rückabwicklung des Kaufes, war wohl etwas unabgestimmt. „Eine Rückabwicklung des Kaufes ist unrealistisch. Wir haben die Bank ja gerade selber verkauft, für einen Euro“, sagt Thomas Neumann, Sprecher des Finanzministeriums, leicht sarkastisch. Was aber in der Tat entschlossen geplant ist: Schadenersatzansprüche sollen geltend gemacht werden. Gegen wen? „Das werden die staatsanwaltlichen Ermittlungen und gutachterliche Vorlagen zeigen.“
"Diesen Knebelvertrag hätte kein vernünftiger Mensch unterschrieben"
„Offensichtlich sind die jetzt auch da angekommen, nichts mehr zu vertuschen, sondern zu holen, was möglich ist“, so Haushaltsexperte Eike Hallitzky zur AZ. Möglich könnte einiges sein – obwohl sich die Bayern beim Kauf der Kärntner Skandalbank haben über den Tisch ziehen lassen. „Diesen Knebelvertrag hätte kein vernünftiger Mensch unterschrieben“, so Sepp Dürr (Grüne). Darin wird fast jegliche Haftung ausgeschlossen. Es sei denn, es liegt „Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit“ vor.
Ein Hebel – denn gleichzeitig erhärtet sich der Verdacht auf Insidergeschäfte. Darauf deuten etwa zwei Geheimtreffen hin. Bei einem, am 15. Februar 2007, soll die BayernLB eine Absichtserklärung für den Kauf abgegeben haben. Der damalige Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte aber im dortigen Untersuchungsausschuss im Sommer 2007 ausgesagt, er habe erst später davon erfahren.
Verdacht auf Insidergeschäfte erhärtet sich
Besonders pikant ist das wegen der Rolle von Tilo Berlin: Eine von ihm betreute Investorengruppe soll mit ihrer Beteiligung an der HGAA 150 Millionen Euro verdient haben. Die erste Tranche, so erinnert sich Dürr an eine Aussage von Berlin, soll recht schwer aufzutreiben gewesen sein. Bei der zweiten am 28. Februar sei es dann viel einfacher gewesen. Also zwei Wochen nach dem intern vereinbarten Einstieg der BayernLB.
Haider will von dem Treffen nichts gewusst haben, so sein 51-seitiges Aussageprotokoll. Doch noch vor der Übernahme machte er Berlin zum Chef der HGAA. „Wir haben’s gemacht, und die Bayern haben’s geschluckt“, so seine stolze Aussage. Das sei schon „cool“ gewesen. Triumphierend erzählt er von den „großen Zugeständnissen“, die seine bayerischen Verhandlungspartner gemacht hätten. Und nennt als solche namentlich Stoiber, Kurt Faltlhauser und Günther Beckstein. Erneut befragt werden kann er nicht mehr – er starb 2008.
In der CSU wird das Kriegsbeil ausgegraben
Das Ganze sorgt auch für Zerwürfnisse in der CSU: Jetzt wird das Kriegsbeil ausgegraben. Stoiber schlägt offenbar zurück. Aus seiner Umgebung wird lanciert, man solle doch mal Seehofer unter die Lupe nehmen. Auch er sei höchstpersönlich im Verwaltungsrat einer Skandalbank gesessen – nämlich als Bundesminister im Gremium der Staatsbank KfW. Auch sie hatte Milliardenverluste gemacht, vor allem mit ihrer Tochter IKB – und überwies sogar noch 300 Millionen Euro an die taumelnde US-Bank Lehman Brothers. Sie musste mit zehn Milliarden Euro Steuergeldern gerettet werden.
Die Ankündigungen von Seehofer und Fahrenschon seien nur ein Entlastungsangriff, heißt es. Wenn Seehofer so weiter mache, bleibe „kein Auge mehr trocken“. bö/tan