„Die große Masse wird nicht profitieren“

Der Sozialverband VdK glaubt nicht, dass es genügend Jobs für Senioren gibt
AZ: Was halten Sie von der aktuellen Diskussion um höhere Hinzuverdienstgrenzen?
ULRIKE MASCHER: Wenig. Man muss sich nur ansehen, wie viele Menschen vor Erreichen der Altersgrenze wegen Arbeitslosigkeit oder weil sie gesundheitlich angeschlagen sind, aufhören zu arbeiten. Da stellt sich schon die Frage, ob es diesen Menschen gelingen kann, ein gutes zusätzliches Einkommen zu bekommen.
Aber man sieht doch viele Ruheständler zum Beispiel im Einzelhandel, die sich ihre Rente aufbessern.
Das sind meistens nur 400-Euro-Jobs. Ich glaube nicht, dass es diesen Beschäftigten hilft, wenn man die Zuverdienstgrenzen anhebt. Es mag einige Senioren geben, die gut qualifiziert sind und deren Know-How gefragt ist, so dass sie im Rentenalter vielleicht sogar in ihrem bisherigen Betrieb weiter arbeiten können. Aber die große Masse der Ruheständler, die eine zu niedrige Rente bekommen, wird von solchen Regelungen nicht profitieren.
Wie, denken Sie, sollte diesen Menschen geholfen werden?
Wir haben in diesem und wahrscheinlich auch im nächsten Jahr einen deutlichen Anstieg der Löhne, der aber nur zum Teil dazu führen wird, dass die Renten steigen. Der Riester-Faktor und der Nachhaltigkeitsfaktor bremsen den Rentenanstieg in guten Zeiten - ob das nicht zu ändern ist, muss überlegt werden. Ansonsten geht die Schere zwischen den Zahlungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung und den Löhnen immer weiter auf.
Das allein würde die Altersarmut nicht beseitigen. Was sollte noch passieren?
Für das Problem der zu niedrigen Renten gibt es kein Patentrezept. Wir müssen für gute Löhne sorgen - das heißt unter anderem, gute Verdienstmöglichkeiten für Mütter schaffen, indem ihre Kinder versorgt werden. Was an Verdienstmöglichkeiten während eines 40-jährigen Erwerbslebens verpasst wurde, kann später schlecht aufgeholt werden.
Interview: sun