Die Finanzrisiken klammer Kommunen wachsen
Gütersloh - In den letzten drei Jahren erwirtschafteten sie sogar einen Überschuss von 4,6 Milliarden Euro. Rund ein Viertel der kommunalen Haushalte profitiert der Untersuchung zufolge davon aber nicht - bei ihnen verschärft sich die Notlage sogar noch. Die Kassenkredite - vergleichbar mit den Dispokrediten in Privathaushalten - stiegen demnach seit 2012 von 47,4 auf 49 Milliarden Euro. Als Hauptgrund sehen die Experten hohe Wohnkosten für Hartz-IV-Bezieher und geringere Steuereinnahmen.
Dabei verteilt sich die Hälfte aller Kassenkredite in Deutschland auf nur 25 Städte. Seit 2008 gelang es keiner dieser Städte aus eigener Kraft, das Minus bei den kurzfristigen und damit sehr teuren Krediten abzubauen. Oberhausen, Pirmasens, Kaiserslautern, Hagen und Remscheid führen die Liste mit den höchsten Kassenkrediten pro Einwohner an.
Die Stadt Essen muss mit 2,2 Milliarden Euro viermal mehr Kassenkredite bedienen als alle Kommunen in Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen zusammen. Ohne Bayern läge das bundesweite Finanzsaldo 2014 bei einem Minus von 1,35 Milliarden Euro. Das größte Defizit hat das Saarland mit 319 Euro pro Einwohner. Die bayerischen Kommunen verbuchen dagegen das größte Plus mit 127 Euro pro Bürger.
"Bestehende Haushaltskrisen verschärfen sich – trotz insgesamt guter Konjunktur und finanzpolitisch positiver Trends", sagte René Geißler, Finanzexperte der Bertelsmann Stiftung. Als Folge wird weniger investiert. In Bayern und Baden-Württemberg sind das mehr als doppelt so viel wie in Nordrhein-Westfalen oder im Saarland.
"Für die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse ist diese Entwicklung bedrohlich. Die Unterschiede zwischen den Regionen werden fortgeschrieben", sagte Kirsten Witte, Kommunalexpertin der Stiftung. Sie fordert eine spürbare Entlastung durch die Übernahme der Hartz-IV-Wohnkosten durch den Bund und eine Änderung beim Länderfinanzausgleich.
Datenbasis für den Finanzreport sind amtliche Statistiken aller 398 kreisfreien Städte und Landkreise in Deutschland. Der Report entsteht in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung Berlin.
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