Die CSU - eine schrecklich nette Familie

Streit nach innen, demonstrative Harmonie nach außen. "Nichts ist ideal" und "Die Stimmung ist schlechter als die Lage." - Wie die CSU mit der gegenwärtigen Krise umgeht.
von  Abendzeitung
So saßen die beiden Lenker Bayerns nebeneinander in der CSU-Fraktionssitzung: Günther Beckstein (l.) und Erwin Huber
So saßen die beiden Lenker Bayerns nebeneinander in der CSU-Fraktionssitzung: Günther Beckstein (l.) und Erwin Huber © dpa

MÜNCHEN - Streit nach innen, demonstrative Harmonie nach außen. "Nichts ist ideal" und "Die Stimmung ist schlechter als die Lage." - Wie die CSU mit der gegenwärtigen Krise umgeht.

Familie: Daheim im Wohnzimmer wird über alles geredet und gestritten – nach außen aber halten alle wie Pech und Schwefel zusammen. Das ist jetzt die Losung für die krisengeschüttelte bayerische Regierungspartei.

Parteichef Erwin Huber und Ministerpräsident Günther Beckstein riefen am Mittwoch in der Fraktionssitzung zur Geschlossenheit auf und gestanden Fehler ein. Huber: „Nie ist etwas vollkommen.“ Beckstein: „Es gibt nie etwas Ideales.“ Fraktionschef Georg Schmid hatte am Dienstagabend bei der Vorstandssitzung die Abgeordneten auf Geschlossenheit getrimmt. Eine „Harmonierunde“ sollte das Treffen werden. Von Krisenstimmung sollte keine Spur sein. Denn vor dem Fraktionssaal der CSU drängten sich Kamerateams und Journalisten wie vorher nur bei der Entmachtung Stoibers vor gut einem Jahr.

Stoiber ließ die Fraktion warten

„Ich habe gerade mit ihm telefoniert“, verkündete Beckstein, als er zu der Sitzung eintraf. „Es dauert noch ein paar Minuten, bis Stoiber kommt.“ Doch der ließ die Fraktion warten. Eineinhalb Stunden lang. Er kam erst, als Huber und Beckstein gegangen waren, um mit der Verkündung ihre Wohltat für Bayerns Schüler von der CSU-Krise abzulenken.

Als Stoiber dann kam, giftete er: „Ich werde übers Wetter reden.“ Überpünktlich dagegen traf Europaminister Markus Söder ein. Wortlos bahnte er sich einen Weg durch den Kamerapulk und bog rechts ab: „Ich muss auf die Toilette.“ Genau so drängte er sich nach wenigen Minuten in den Saal: „Heute passiert nix. Heute gibt’s große Beschlüsse.“

Die Stimmung schlechter als die Lage

Mit Sachthemen will die CSU jetzt punkten. Huber: „Die CSU wird die kommenden Herausforderungen in Geschlossenheit und Einigkeit mit einer klaren Perspektive für die kommenden fünf Jahre angehen.“ Beckstein ergänzte: „Wir werden gemeinsam die richtigen Ziele formulieren.“ Landtagspräsident Alois Glück: „Das selbstzerstörerische Gerede muss beendet werden.“ Landwirtschaftsminister Josef Miller klagte: „Die Stimmung ist schlechter als die Lage der CSU.“

Wenn er sich da nicht täuscht. Abgeordnete schätzen, dass die Partei derzeit unter der 50-Prozent- Grenze liegt. „Der gefühlte Wert ist bei 47 oder 48 Prozent“, sagte ein Vorständler zur AZ. Mit Spannung wird eine Umfrage erwartet.

Der neuen Geschlossenheit aber sollen auch katastrophale Umfrage-Werte nichts anhaben können. „Alle Umfragen können uns nur anspornen“, versicherte Innenminister Joachim Herrmann. „Sie werden sehen, wie die Geschlossenheit in der CSU jetzt funktioniert.“ Mit einem Seitenhieb auf Horst Seehofer forderte er „den guten Willen und die Disziplin“ aller ein. Und: „Mit Sachthemen werden wir dann auch wieder nach vorne kommen“, so Herrmann.

"Beim Rauchverbot haben wir uns blöd angestellt"

Beckstein will die ganze Fraktion in die Verantwortung nehmen: „Die Führung sind nicht nur Erwin Huber und ich, sondern auch alle Abgeordneten.“ Am Dienstagabend hatte Beckstein offen eingeräumt, dass die CSU nicht gut rüber komme. „Gerade beim Rauchverbot haben wir uns ziemlich blöd angestellt.“ Der Abgeordnete Christian Meißner aus Lichtenfels brachte es am Mittwoch auf den Punkt: „Wir nehmen uns unsere Krise rechtzeitig vor der Landtagswahl. Dann sind wir im September wieder fit.“

Angela Böhm

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