"Die CDU mag undisziplinierte Leute nicht"

Der ehemalige Grüne Oswald Metzger will auf einem CDU-Ticket in den Bundestag. Der Stuttgarter Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann über Metzgers Probleme mit Parteien.
AZ: Herr Kretschmann, Sie kennen Ihren Ex-Parteifreund Oswald Metzger seit Jahrzehnten. Was treibt ihn zur CDU?
WINFRIED KRETSCHMANN: Oswald Metzger hat sein grünes Landtagsmandat zurückgegeben. Also kann er tun und lassen, was er möchte. Offenbar hat er in der CDU bereits erhebliche Probleme. Manche wollen ihn da ja überhaupt nicht haben. Mich hat es allerdings schon überrascht, wie unprofessionell Oswald Metzger das angegangen ist...
Sie spielen darauf an, dass die oberschwäbische CDU vom Eintrittsgesuch Metzgers über die Medien erfahren hat.
Ja, ein solches Verhalten ist schon sehr grenzwertig.
Ist Metzger so abgehoben und von sich selbst berauscht, dass er das nicht merkt?
Metzger hat noch nie verstanden, wie eine Partei funktioniert. Auch bei uns Grünen nicht. Parteien sind komplizierte Organismen, die nach ihren eigenen Gesetzmäßigkeiten funktionieren. Metzger hat immer das Anti-Parteien-Ressentiment gefördert, trat gerne als Partei-Dissident auf. Das war mit die Grundlage seiner Popularität. Das kommt bei den Bürgern gut an, aber innerhalb der Partei nur begrenzt. Wenn man jedoch in einer Partei etwas werden will, muss man auch mit ihr umgehen können. Daran ist er bei den Grünen gescheitert. Und die Schwierigkeiten, die er bereits jetzt bei der CDU hat, sind derselben Natur.
Geht Metzger dabei jede Selbstkritik ab?
Er meint immer: „Ich bin gut, und deshalb müssen die mich nehmen.“ Aber gut muss man im Sinne der Partei sein. Er hat selber einmal gesagt, dass er „für Parteien versaut“ sei. Solch einen Individualismus konnte er bei uns Grünen ausleben. Aber nicht bei der CDU. Die mag undisziplinierte Leute nicht.
Die CDU gilt gemeinhin als stramm geführter Laden.
Natürlich. Dort sind selbst politische Kaliber wie Friedrich Merz gescheitert. Da hat Metzger völlig falsche Vorstellungen. Man denke nur an die neuerliche Aussetzung der Rentenformel durch Frau Merkel. Da wünsche ich Oswald viel Vergnügen. Die CDU erwartet von ihren Mitgliedern vor allem Loyalität und Korpsgeist. Diese Eigenschaften hat Metzger nicht.
Manche Beobachter sehen in Metzgers Übertritt ein Signal für Schwarz-Grün.
Das ist Unsinn. Bündnisse entstehen doch nicht durch Überläufer. Im Gegenteil: Überläufer stehen der Annäherung eher im Wege, dafür sind Oskar Lafonatine und die SPD das beste Beispiel.
In Hamburg scheint zu klappen, womit Sie selbst in Stuttgart noch gescheitert sind: Schwarz-Grün. Sind Sie neidisch?
Wir haben für die Hamburger eine wichtige Vorarbeit geleistet. Dass Günther Oettinger in Baden-Württemberg mit der FDP eine konzeptions- und orientierungslose Regierungsarbeit absolviert, kann jeder sehen. Mit uns hätte es ein dynamischeres Bündnis gegeben.
Interview: Markus Jox