Die Angst der Junta vor der "Demokratie-Lady"

Die ausländischen Katastrophen-Helfer haben die Generäle in Birma lange ausgesperrt. Die Dissidenten im Land sperren sie ein. San Suu Kyi etwa, die seit mehr als zehn Jahren fast völlig isoliert leben muss - aber nicht aufgibt.
von  Abendzeitung
Ihre Geburtstage werden überall auf der Welt gefeiert: hier mit Plakat in Rom
Ihre Geburtstage werden überall auf der Welt gefeiert: hier mit Plakat in Rom © ap

Die ausländischen Katastrophen-Helfer haben die Generäle in Birma lange ausgesperrt. Die Dissidenten im Land sperren sie ein. San Suu Kyi etwa, die seit mehr als zehn Jahren fast völlig isoliert leben muss - aber nicht aufgibt.

Die Hoffnung auf einen Schimmer Menschlichkeit bei der Militärjunta Birmas dauerte keine 48 Stunden: Kaum hatte sie mit der versprochenen Öffnung für ausländische Helfer weitere Millionen Spendengelder für die Zyklon-Opfer eingestrichen, zeigte sie wieder ihr hässliches Gesicht: Sie ordnete sechs weitere Monate Hausarrest für Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi an, die jetzt schon fast 13 der vergangenen 18 Jahre in beinah völliger Isolation leben muss. «Die Auflagen des Hausarrests sind immer weiter verschärft worden - sie wollen sie langsam umbringen», ist der Birma-Berichterstatter von Human Rights Watch, David Mathieson, überzeugt.

Warum die zierliche Frau die mächtige Junta so das Fürchten lehrt, wurde erst wieder im vergangenen September deutlich. Mönche und Zivilisten schafften es während der Massendemonstrationen, zu Suu Kyis sonst abgesperrtem Haus durchzudringen. Die Politikern trat nur vor die Tür, stand ruhig da, winkte und sagte nichts doch die Menschen waren wie elektrisiert. Die «Demokratie-Lady», wie die Leute sie ehrfürchtig nennen, ist die einzige Hoffnung des drangsalierten Volkes auf eine bessere Zukunft. Suu Kyis Nationale Liga für Demokratie hatte 1990 die Wahlen haushoch gewonnen, die die Junta dann kurzerhand für nichtig erklärte. Jedes Mal, wenn sie für kurze Zeit in Freiheit lebte, zog sie die Massen an. 2003 heuerte das Regime nach Überzeugung von Menschenrechtsgruppen sogar Schlägertrupps an, die ihren Konvoi überfielen und zahlreiche Anhänger töteten. Die Junta drehte Suu Kyi daraus einen Strick - Erregung öffentlichen Ärgernisses - und sperrte sie erneut ein.

Kein Geld für Handwerker

Der Hausarrest ist wie Isolationshaft. Suu Kyi darf ihr Haus nie verlassen. Es gibt weder Telefon noch Zeitungen, und seit dem Zyklon auch teilweise kein Dach mehr und zeitweise keinen Strom. Es regnet rein, aber Suu Kyi hat weder Geld noch darf sie Handwerker bestellen, einen Anwalt schon gar nicht. Sie hat nur eine Haushälterin. Ein Arzt darf alle vier Wochen nach ihr schauen. Doch schafft die Junta es trotz aller Brutalität nicht, die Tochter des ermordeten Unabhängigkeitshelden General Aung San unterzukriegen. Sie haben sie weggesperrt. Sie diffamieren sie mit absurden Vorwürfen in der Staatspresse. Sie stellen sie in eine Ecke mit Terroristen, die das Vaterland zerstören wollen. Doch Suu Kyi knickt nicht ein.

Ihr Mann stirbt im fernen England

Eiserner Wille und unbeugsame Entschlossenheit sind ihr Markenzeichen. Sie hätte Mitte der 90er Jahre gehen können, als sie mal kurz aus dem Hausarrest entlassen war. Oder als ihr Mann, der britische Tibet-Forscher Michael Aris, 1997 an Krebs erkrankte. Sie wusste, dass die Generäle sie nie wieder zurückkehren lassen würden. So blieb sie, und sah ihren Mann nie wieder. Er starb 1999 in England. Auch ihre Söhne hat sie seit Jahren nicht gesehen. Nach der brutalen Niederschlagung des Aufstands im vergangenen September mit Dutzenden Toten versprach die Junta unter internationalem Druck widerwillig einen Dialog mit Suu Kyi. Seitdem wird sie alle paar Monate mit einem Juntavertreter fotografiert. Substanz gibt es nicht. «Nicht die Macht macht korrupt, sondern die Angst», sagte sie einmal. «Angst, die Macht zu verlieren, macht die Machthaber korrupt, und Angst vor der Geißel der Macht macht die korrupt, die darunter leiden.» Für Suu Kyi gilt das nicht. Auf ihren schmalen Schultern lasten die Zukunftshoffnungen einer 50-Millionen-Nation. (dpa)

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