Deutschland und Schweiz unterzeichnen Fluglärm-Abkommen
Nach jahrelangen Verhandlungen haben Deutschland und die Schweiz das Ende ihres Fluglärmstreits besiegelt. Verkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und seine Kollegin Doris Leuthard setzten in Bern ihre Unterschriften unter den "Staatsvertrag zum Flugverkehr am Flughafen Zürich".
Bern - Durch den Vertrag soll die Lärmbelästigung durch den Airport der größten Schweizer Stadt zwischen den Wohnregionen in Süddeutschland und der Nordschweiz fair verteilt werden.
"Mit der heutigen Unterzeichnung ist ein wichtiger Schritt getan, einen jahrelangen Konflikt zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz zu beenden", sagte Ramsauer. "Davon profitiert die gesamte süddeutsche Region. Es wird künftig mehr Ruhe am deutschen Himmel geben."
Mit Inkrafttreten des Vertrages werde die anflugfreie Zeit über Deutschland um eine Stunde ausgeweitet, erklärte dazu das Bundesverkehrsministerium. Von Montag bis Freitag sollen dann bereits ab 20.00 Uhr (bisher 21.00 Uhr) bis 7.00 Uhr am nächsten Morgen keine Anflüge mehr über Deutschland durchgeführt werden.
"Darüber hinaus verpflichtet sich die Schweiz, das Betriebsreglement für den Flughafen Zürich umzustellen und dessen Pisten, insbesondere für Landungen aus dem Osten, auszubauen", heißt es in der Mitteilung. Ab der Inbetriebnahme eines erweiterten Pisten- und Rollwegesystems - spätestens ab 1. Januar 2020 - sollen in der Zeit von 18.00 Uhr bis 6.30 Uhr (Montag bis Freitag) sowie von 18.00 Uhr bis 9.00 Uhr (Samstag, Sonntag und an gesetzlichen Feiertagen in Baden-Württemberg) keine Anflüge mehr über Süddeutschland stattfinden.
Zudem sollen Anwohner in Deutschland künftig in alle wesentlichen Verwaltungsverfahren der Schweiz im Zusammenhang mit dem Flugbetrieb in Zürich einbezogen werden. Beide Minister bezeichneten das Abkommen als faire Kompromisslösung für einen langwierigen Konflikt. Sie hatten sich im Juli grundsätzlich darauf geeinigt.
Deutschland verzichtet im Gegenzug auf eine zahlenmäßige Begrenzung der Anflüge über deutschem Gebiet. An Werktagen dürfen Flugzeuge bereits ab 06.30 Uhr über Süddeutschland anfliegen. Das ist eine halbe Stunde früher als heute. Ramsauer appellierte an die Schweizer Seite, das Verhandlungsergebnis so zu nehmen, wie es sich präsentiere: "Etwas Besseres kann die Schweiz nicht erreichen", sagte er vor Reportern in Bern.
Die Schweiz ermögliche Deutschland nun mehr "Abendruhe", sagte Ministerin Leuthard. Die dort wegfallende Lärmbelastung müsse nun auf die Schweiz verteilt werden. Dass Deutschland dafür auf eine Limitierung der Anflüge verzichte, sichere dem Flughafen Zürich Entwicklungsmöglichkeiten. Mit der Regelung, dass der Vertrag erst 2030 zum ersten Mal gekündigt werden dürfe, zeigten die Länder auch, dass sie Stabilität und Rechtssicherheit wollten.
Voll umgesetzt werden kann der Vertrag nach den neuen Regeln erst, wenn zwei Pisten am Flughafen Zürich verlängert worden sind. Diese Übergangsfrist dauert aber längstens bis zum Jahr 2020. Wirkung zeigt das Abkommen aber schon früher, da die Schweiz auf Anflüge über Deutschland nach 20.00 Uhr verzichtet, sobald der Vertrag in Kraft tritt. Deutschland erhalte damit eine sofortige Entlastung ab Ratifizierung, sagte Ramsauer.
Die beiden Kammern des Schweizer Parlaments - National- und Ständerat - sowie der Bundestag und die Länderkammer (Bundesrat) müssen den Staatsvertrag ratifizieren. Leuthard und Ramsauer streben dafür einen Zeitpunkt im zweiten Halbjahr 2013 an. Ramsauer erklärte, er wolle Ende Oktober ein entsprechendes Ratifizierungsgesetz einbringen. Um den Jahreswechsel könnte es danach in den Bundestag kommen, so dass ein Inkrafttreten aus deutscher Sicht ab April oder Mai möglich wäre. Zur Umsetzung sind in der Schweiz im Kanton Zürich wegen der Pistenverlängerung noch Entscheidungen durch die Kantonsregierung und das dortige Parlament nötig, auch ein Volksentscheid könnte dazu angesetzt werden.