Deutsche Politikerinnen unverhüllt in Arabien
Bundeskanzlerin Angela Merkel reist an diesem Wochenende in die Golfregion. Es wird um die Wirtschaft, den Terror – und die Rechte der Frauen gehen.
Nach dem Sieg von Donald Trump bei der US-Wahl wurde Bundeskanzlerin Angela Merkel als letzte Hoffnung für westliche Werte ausgemacht. Für Demokratie und Menschenrechte, Freiheit und Gleichberechtigung. Die Kanzlerin findet das "absurd", solche Erwartungen seien zu groß und unerfüllbar, sagt sie. Doch wenn die Christdemokratin an diesem Sonntag vom sunnitischen Königshaus im autokratisch regierten Saudi-Arabien empfangen wird, werden wieder weltweit die Augen auf sie gerichtet sein.
Kann sie etwas für die Menschenrechte in Saudi-Arabien tun oder eine Waffenstillstandslösung für das benachbarte Bürgerkriegsland Jemen befördern? Oder Absprachen für die Bekämpfung der Terrormiliz Islamischer Staat treffen? Den Weltklimaschutz voranbringen? Und welche Erkenntnisse bekommt sie über den Syrien-Krieg?
Eins steht schon mal fest: Merkel wird sich nicht der Kleiderordnung Saudi-Arabiens anpassen. "Sie wird sich nicht verschleiern", bestätigen Regierungskreise am Freitag der AZ. Das habe sie noch nie gemacht, auch nicht, wenn sie wie am Sonntag von König Salman empfangen wird.
Das bedeutet auch, dass die Frauen der mitreisenden Delegation sich so kleiden können wie Zuhause. Ohne das islamische Kleid Abaya, ohne Kopftuch, ohne Schleier. In einem Land, in dem Frauen nicht einmal Auto fahren dürfen (siehe Kasten).
Wenn Merkel in der Hafenmetropole Dschidda ihren eintägigen Besuch startet, kommt sie aber in ein Land des Umbruchs. Die Jahre des Überschwangs in der Ölmonarchie sind vorbei. Saudi-Arabien bleibt auch in Zeiten niedriger Ölpreise und ersten Haushaltsdefiziten reich, keine Frage. Es muss sein Geld aber effizienter nutzen. Das Königshaus dürfte deshalb auf engere wirtschaftliche Beziehungen zu Deutschland setzen.
Genauso wie die Vereinigten Arabischen Emirate, in die Bundeskanzlerin Angela Merkel gemeinsam mit ihrer Wirtschaftsdelegation am Montag weitereist.
Wo Öl und Geld fließen und Frauen kaum Rechte haben
Bei ihrer Reise in die Golfregion ist Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel im Zwiespalt gefangen: Auf der einen Seite muss sie wirtschaftliche Interessen verfolgen, auf der anderen die schlechte Menschenrechtslage anprangern. Ein Überblick über die Handelsbeziehungen Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) mit Deutschland und die Situation von Frauen und Minderheiten in den Ländern.
SAUDI-ARABIEN
Menschenrechte: Die Menschenrechtslage in dem Königreich ist verheerend. Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit und die Rechte der Frauen sind stark beschnitten.
Staatsreligion ist der Wahhabismus, eine der konservativsten Strömungen des sunnitischen Islams. Er unterwirft Frauen strengen Regeln. Ohne die Genehmigung eines männlichen Vormundes dürfen sie nicht reisen oder heiraten. Auch Autofahren ist ihnen untersagt. In der Öffentlichkeit herrscht Verschleierungspflicht.
Immer wieder kommt es zu Inhaftierungen, Hinrichtungen und drakonischen Bestrafungen (Peitschenhiebe) von Regierungskritikern.
Wirtschaft: Als weltgrößter Erdölproduzent ist Saudi-Arabien auch ein wichtiger Handelspartner für die Bundesrepublik. Während Deutschland 2016 Waren im Wert von 7,3 Milliarden Euro in die Monarchie schickte, setzte Saudi-Arabien hierzulande nur Güter im Wert von etwa 625 Millionen Euro ab. Den weitaus größten Teil der Importe aus Saudi-Arabien macht das Erdöl aus.
Trotz der prekären Menschenrechtslage und der saudischen Bombardements mit vielen getöteten Zivilisten im Jemen werden weiterhin deutsche Waffen exportiert. 2015 waren die Aufträge 23,8 Millionen Euro Wert.
VEREINIGTE ARABISCHE EMIRATE
Menschenrechte: Im Gegensatz zu Saudi-Arabien dürfen die Frauen in den Emiraten befreiter Leben, ihre Lage ist aber dennoch sehr prekär. Homosexualität ist illegal und kann mit der Todesstrafe geahndet werden.
Wirtschaft: Der Golfstaat ist der wichtigste Handelspartner Deutschlands in der Arabischen Welt. Mit den ölreichen Emiraten erzielte die Bundesrepublik 2016 einen Handelsüberschuss von über 13,6 Milliarden Euro – der Fünfhöchste insgesamt. Den größten Teil der deutschen Exporte machten dabei Autos und Autoteile aus.
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