Deutsche halten zu Bundespräsident Christian Wulff
Berlin - Die Luft für Bundespräsident Christian Wulff wird dünner. Gestern sollte der Landtag in Niedersachsen Wulff ordentlich auf den Zahn fühlen. Hat der Bundespräsident mit der Annahme eines 500.000-Euro-Darlehen von Egon Geerkens Ehefrau gegen das niedersächsische Ministergesetz verstoßen? Mit dieser Frage befasste sich gestern der Ältestenrat im Parlament.
Rückenwind bekommt der Bundespräsident aus der Bevölkerung. Ein große Mehrheit der Deutschen ist gegen einen Rücktritt. Nach dem jüngsten ARD-Deutschlandtrend plädieren 70 Prozent dafür, dass Wulff trotz des umstrittenen Privatkredits und enger Beziehungen zu Unternehmern weiter im Amt bleiben soll.
Im Ältestenrat standen nicht nur Wulffs Beziehung zu seinem „väterlichen Freund“ Geerkens zur Debatte. Auch dass Wulff als Ministerpräsident für lau bei befreundeten Unternehmern urlaubte, kritisieren viele seiner Kollegen auch in Niedersachsen.
Laut dem Ministergesetz ist es Politikern verboten, Geschenke in Bezug auf ihr Amt anzunehmen. Was bei der Sondersitzung besprochen wurde, war zu Redaktionsschluss noch nicht bekannt.
Dass Wulff sich auf sehr dünnem Eis bewegt, dafür spricht, dass ständig neue Verbindungen des Politikers zu seinen Unternehmer-Freunden bekannt werden.
Erst der Haus-Kredit, dann die unter Druck der Medien von Wulffs Anwälten veröffentlichte Urlaubs-Liste (AZ berichtete). Und zum Wochenbeginn sorgte die „Bild“-Zeitung mit einer weiteren Schlagzeile für Wirbel. Demnach hat Unternehmer Carsten Maschmeyer 2008 eine Anzeigen-Kampagne für ein Wulff-Buch bezahlt. Mehr als 42 000 Euro sollen die Anzeigen gekostet haben.
In dem Interview-Buch mit dem Titel „Besser die Wahrheit“ beschreibt der heutige Bundespräsident sein privates und politisches Leben.
Über einen Sprecher ließ Maschmeyer bestätigen, dass er für Werbung zugunsten des Buches etwa 42.700 Euro privat bezahlt hat. Er habe diese nicht steuerlich geltend gemacht. Mit Wulff will Maschmeyer darüber nicht gesprochen haben. Auch Wulff ließ über seinen Rechtsanwalt Gernot Lehr erklären. er habe von den Zahlungen Maschmeyers nichts gewusst.
Und doch bleibt da mehr als ein Geschmäckle. Im Fall Geerkens ist die Lage besonders heikel. Denn vor dem niedersächsischen Landtag hatte Wulff geschäftliche Beziehungen zu Unternehmer Egon Geerkens damals nicht erwähnt. Wulff besteht bis heute auf der Version, dass der Kredit von Edith Geerkens stammte, und nicht von seinem Freund selbst.
Auch Geerkens hat das in einem presserechtlichen Schreiben, das der AZ vorliegt, gestern nochmals betont. Allerdings erklärte sein Anwalt auch, dass „Herr Gerkens bereits seit 2004 selber nicht mehr gewerblich oder als Unternehmer tätig war“.
Warum jedoch begleitete Geerkens Wulff dann noch auf dessen Dienstreisen mit Wirtschaftsdelegationen? Wulff gerät in Erklärungsnot.
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