Der Tag der Offiziere

KREUTH - CSU-Chef Horst Seehofer preist seine zwei Spitzenkandidaten für die Wahlen 2009 – nachdem ihre Kür mühsame Pflicht war
Erst hat er sie gewatscht. Jetzt schmust er mit ihnen. „Sie genießen mein vollstes Vertrauen“, flötet Horst Seehofer über die beiden Spitzenkandidaten der CSU für die zwei Wahlen 2009 und nennt sie meine „Offiziere“. Bis zur Nominierung allerdings lief’s für alle beide – Peter Ramsauer (Bund) und Markus Ferber (EU) – gelinde gesagt ziemlich zäh.
Den Kandidaten für Europa musste Seehofer noch in den Weihnachtsferien küren. Mit geschwellter Brust stolziert Markus Ferber (45), der Schwabe, bei dem Seehofer erst den nötigen Pfiff bemängelte, nun durch das gelbe Schlösschen im Kreuther Hochtal. Den für die Bundesrepublik, hob Seehofer gleich am ersten Tag der Kreuther Klausur auf den Thron. Quasi als Gastgeschenk. Schließlich ist Peter Ramsauer (54), der Oberbayer, bei dem der Parteichef erst den richtigen Kampfesgeist vermisste, hier als Landesgruppenchef Gastgeber.
Selbst antreten wollte Seehofer nicht
Dabei blieb Seehofer gar keine andere Wahl – auch wenn er bei den beiden lange gezögert und gezaudert hat. Seine Wunschkandidatin Monika Hohlmeier konnte er als Spitze der Europa-Liste nicht durchsetzen. Bei der Landesgruppe löste er mit seinem Bashing eine Solidaritätswelle für Ramsauer aus. Den hatte er ganz schön lang hingehalten, statt ihn schon früher zu küren – denn eigentlich ist Ramsauer als Landesgruppenchef der natürliche Kandidat.
Es sei denn, der CSU-Chef tritt selbst auf Platz eins für die Bundestagswahl an. Aber das wollte Seehofer dann doch nicht. „Nicht weil ich ein Feigling bin“, sagt er. „Ich habe immer gesagt: Wenn ich nach Bayern komme, kandidiere ich nicht für Berlin.“
Pianist, Müller und Frauenflüsterer
Und so ist es in Kreuth der Tag seiner Offiziere. Ramsauer ist gelöst. „Er ist der wichtigste und beste Vertreter für uns in Berlin“, lobt Seehofer jetzt. Nur vier Stunden hat der Landesgruppen-Chef geschlafen. Mit einer halben Stunde Power-Schwimmen macht er sich fit. Der einstmals schönste Bundestagsabgeordnete, der in Berlin als Frauenflüsterer gilt, daheim im 2500-Seelen Ort Traunwalchen mit sechs Frauen - seiner Mutter Maria (87), Ehefrau Susanne (47) und den vier Töchtern Barbara (18), Carolina (16), Christine (11) und Gabriela (10) lebt – ist jetzt der neue starke Mann der CSU. Dass der studierte Pianist, Diplomkaufmann, Doktor der Staatswissenschaft und gelernte Müllermeister das richtige Fingerspitzengefühl hat und als Spitzenkandidat nicht ins Schwimmen gerät, muss er aber erst noch beweisen.
Legendär ist in Kreuth sein Auftritt 2007 während der Revolution gegen Edmund Stoiber. Da legte sich „Ramses" im Heute-Journal mit Marietta Slomka an, wollte partout ihre kritischen Fragen nicht beantworten. Doch Slomka ließ sich von ihm nicht beeindrucken und watschte den oberbayerischen Macho eiskalt vor der ganzen Republik her.
"Brauchst du meine Kontonummer?"
Ramsauer selbst zieht da lieber andere Parallelen zu seinem Leben: „1990 habe ich schon mal eine Liste angeführt, die zur Stadtratswahl in Traunreuth. Der Erfolg war ein bombastischer Sieg. Die CSU hat 30 von 40 Sitzen erreicht.“ Für den Bundestag kann er davon nur träumen.
Auf gute Laune setzt Markus Ferber an seinem ersten großen Tag in Kreuth. Als Vorsitzender der Europagruppe darf er eine Rede halten. Ferber zückt sein Handy, liest eine SMS vor, die ihm Parteichef Seehofer zu Neujahr geschickt hat. „Brauchst du meine Kontonummer wegen meiner PR-Arbeit für dich? HS“. Und frotzelt: „Erstens gibt ein Schwabe freiwillig nichts. Und zweitens darf ein Ministerpräsident nichts nehmen und muss alle Nebeneinkünfte dank Stoiber an die Landesstiftung abgeben.“
Stoibers Rückkehr an die Stätte seines Sturzes
Ein bisserl Politik wurde auch noch gemacht. Ja zu einer Koalitionsaussage für die FDP, Ja zu einem Deutschlandrettungsfonds, so die aktuellen Botschaften. Und vor allem geht es um Europa. „Zwei Wahlen – ein Wahlkampf“ lautet die Devise. So soll die Europawahl aufgehübscht werden. Einer weiteren Ausweitung der EU will die CSU Grenzen setzen: „Die Zukunft gehört nicht einem bis in den Nahen Osten ausgedehnten Europa, sondern einer in sich gefestigten Wertegemeinschaft innerhalb verlässlicher Grenzen“, heißt es in einem Papier, das verabschiedet wurde.
Spitzenkandidat Ferber fordert ein Europa, das den Bürgern nützt und sie schützt. „Wo der Einzelne das Gefühl hat, dass er dabei ist.“ Außerdem fordert die CSU eine Reduzierung der Kommissare. „Die Erfahrung zeigt, dass ein Kollegium aus 27 Kommissaren der Regulierungswut Vorschub leistet“, heißt es in einem Papier. Der Oberentbürokratisierer der CSU kommt zum „geselligen Abend“: Edmund Stoiber kehrt an die Stätte seines Sturzes zurück. Um heute mit dem Präsidenten der EU-Kommission, José Manuel Barroso, zusammenzutreffen. Der ist Ehrengast in Kreuth – aber auch Stoibers Chef.
Angela Böhm