"Der Sumpf eines schmutzigen Krieges"
Erstmals seit Beginn des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan 2002 haben deutsche Soldaten am Donnerstag Zivilisten erschossen. Der Vorfall zeige, wie katastrophal die Lage in Afghanistan sei, so Oppositionspolitiker- und fordern den Abzug der Bundeswehr aus dem Land.
Nach den tödlichen Schüssen deutscher Soldaten auf Zivilisten in Afghanistan fordern Grüne und Linke die sofortige Beendigung des Einsatzes. «Deutschland muss die Bundeswehr aus Afghanistan abziehen», forderte der Fraktionsvorsitzende der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, in der «Frankfurter Rundschau» (Samstag).
«Die Tötung von afghanischen Zivilisten unter Mitverantwortung deutscher Soldaten spitzt die Lage extrem zu», so Gysi weiter. Deutschland drohe «im Sumpf eines schmutzigen Krieges zu versinken, der den Terror nicht bekämpft, sondern zu neuer Gewaltbereitschaft führt, in der zivile Aufbaubemühungen untergehen».
Ströbele: Hoffnung auf Strategiewechsel nicht erfüllt
Der stellvertretende Grünen-Fraktionschef Christian Ströbele sagte der «Berliner Zeitung» (Samstag), die Beteiligung deutscher Soldaten an der offensiven Kriegsführung müsse sofort gestoppt werden. Der Vorfall zeige, wie katastrophal die Lage in Afghanistan sei. Die Hoffnungen auf einen militärischen Strategiewechsel hätten sich nicht erfüllt. Der Verteidigungsexperte der Grünen im Bundestag, Winfried Nachtwei, warnte in der «Frankfurter Rundschau» davor, dass die Bundeswehr in Afghanistan in eine «Spirale gerät, in der Afghanen nur noch als verdächtig angesehen werden und auf der anderen Seite die Afghanen Angst vor den deutschen Soldaten bekommen». Nun müsse den Angehörigen der Opfer schnell geholfen werde.
FDP: Mehr Polizei ausbilden
Erstmals seit Beginn des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan 2002 haben deutsche Soldaten am Donnerstag wahrscheinlich Zivilisten erschossen. Bei einem dramatischen Zwischenfall nahe der Stadt Kundus starben an einer Straßensperre von deutschen und afghanischen Sicherheitskräften eine Frau und zwei Kinder, die in einem Auto auf den Kontrollpunkt zufuhren. Zwei weitere Kinder wurden verletzt. FDP-Generalsekretär Dirk Niebel forderte in der «Berliner Zeitung» eine Verschiebung des Schwerpunkts des deutschen Engagements hin zu einer deutlich verstärkten Polizeiausbildung. Die Afghanen müssten die öffentliche Sicherheit und Ordnung selbst wirkungsvoll gewährleisten können. So lange die Terrorgefahr fortbestehe, werde es sich vermutlich niemals verhindern lassen, dass auch unbeteiligte Personen gefährdet werden, wie es jetzt geschehen sei.
GDP: Ziviles Krisenmanagement zurückziehen
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) meldet jedoch Zweifel an, ob überhaupt noch Polizeibeamte in Afghanistan eingesetzt werden sollen. Der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei, Josef Scheuring, sagte der in Essen erscheinenden «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (Samstag), die Politik müsse den Mut haben, gegebenenfalls das zivile Krisenmanagement zurückzuziehen. Derzeit sind dem Bericht zufolge 62 deutsche Polizisten in Afghanistan, um beim zivilen Aufbau des Landes mitzuhelfen. Die Bundesregierung plant, ihre Zahl zu erhöhen. (nz/dpa/AP)