Was kostet die Energiewende? Und wer muss wie viel davon bezahlen? Jetzt hat die große Debatte ums Geld angefangen. Die AZ skizziert mögliche Folgen.
Berlin - Wie teuer wird’s? Nach dem Atomgipfel bricht nun die Debatte über die Kosten
der Energiewende los. Wie hoch sind sie? Wer muss welchen Teil davon tragen – der Verbraucher, die Staatskasse, die Wirtschaft? Zahlreiche Prognosen machen die Runde, inklusive wechselseitiger Vorwürfe, die Zahlen je nach Interessenslage hoch- oder runterzurechnen.
Für den Verbraucher. Dass der
Stromkunde auf jeden Fall zur Kasse gebeten wird, ist klar: Die Stromfirmen werden ihre höheren Kosten mit Sicherheit auf die Preise umlegen. Die Debatte läuft eher in die Richtung, dass die Kosten
wenigstens nicht alleine vom Verbraucher getragen werden, so fordert es etwa
SPD-Chef Sigmar Gabriel. Die Linke fordert einen Zuschuss für Arme. Wie stark die Strompreise steigen, dazu kursieren verschiedenste Szenarien: Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin
zitiert eine Studie, dass jeder deutsche Haushalt pro Monat 1,50 Euro im Schnitt mehr zahlen muss. Die „BamS” zitiert einen Vorstand einer Energiefirma, dass es für einen vierköpfigen Haushalt bis zu 70 Euro im Monat mehr sind. Claudia Kemfert, Energieexpertin des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, erwartet Mehrkosten von 16 bis 20 Euro für einen vierköpfigen Haushalt. Dies lasse sich durch Stromsparmaßnahmen aber senken. Die Grüne Bärbel Höhn
warnt Panikmache von interessierter Seite. „Die hysterische Debatte muss dringend mit konkreten Zahlen versachlicht werden.” Im übrigen ließen sich die Mehrkosten leicht ausgleichen, wenn es endlich Wettbewerb auf dem Strommarkt gebe und das Monopol der großen Konzerne aufgebrochen werde.
Für den Steuerzahler. Auch auf den Bundeshaushalt
kommen Belastungen zu – etwa für den Ausbau der Netze oder eventuelle Fördermaßnahmen. Intern werden Kosten von vier Milliarden Euro veranschlagt, öffentlich spricht Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von zwei Milliarden. FDP-Chef in spe Philipp Rösler lehnte Steuererhöhungen oder einen Energiesoli ab (der ist aber auch nicht im Gespräch). Von der CDU
hieß es, diese Summe müsse woanders eingespart werden. Dazu kommen Ausfälle bei der Brennelementesteuer, die zusammen mit der Laufzeitverlängerung verabschiedet worden war und für 2,3 Milliarden Euro Mehreinnahmen sorgen sollten. Finanzminister Schäuble denkt darüber nach, die Brennelementesteuer zu erhöhen – das dürfte bei den Firmen auf Widerstand stoßen.
Für die Stromfirmen. Das dreimonatige Moratorium kostet die vier großen Versorger 500 Millionen Euro – weil sie den billigen Atomstrom vorab auf Termin verkauft haben und nun die vereinbarten Mengen teuer woanders zukaufen müssen. Mittelfristig allerdings könnte etwa RWE durch das Aus für Biblis sogar Gewinn machen, so internes Szenario: Wenn das Abschalten der Meiler die Strommenge verknappt und die Preise dadurch in die Höhe treibt, würden die derzeit nur teils ausgelasteten Kohlekraftwerke des Konzerns profitieren.
Für die Wirtschaft. Höhere Strompreise muss auch die Wirtschaft zahlen, das dürfe nicht zum Abwandern von Jobs führen, warnen Branchenvertreter. Michael Fuchs (CDU) fordert neue Subventionen für energie-intensive Betriebe. Hans Michelbach, Mittelstandsvertreter in der CSU: „Der Umstieg ist nicht zum Nulltarif zu haben.”